Freitag, 30. Juli 2010

Peoplespotting

Die Bahn ist ein Kosmos für sich, wie eigentlich alles hier. Hast du Langeweile? Fahr Bahn! Bist du einsam? Fahr Bahn! Fehlt dir der Geruch von abgestandenem Schnaps? Fahr Bahn!

Alles ist dicht aneinandergedrängt und trotzdem oder gerade deswegen brechen die Gedanken gerne mal aus. Jenseits der Hektik, der schlafenden Penner oder der glänzenden Felgen, erhebt sich dein Geist über diese Welt. Auf dem Weg zur Unendlichkeit, außerhalb der schmutzigen und verkratzten Scheibe eines Wagons.
Wo kommt wohl der Typ im Anzug her, mit seinem Reisekoffer in der Bahn, die vom Flughafen kommt? Auf welchem Bordstein hat wohl der humpelnde, alte Sack geschlafen und noch viel wichtiger: Wo wird er sich als nächstes hinlegen? Er wird wohl erstmal gar nicht mehr aufstehen. Wie die meisten ist er froh, endlich zu sitzen. Wie deprimierend: Die ganze Zeit auf den Beinen und letztendlich keinen Schritt weiter.
Auf diese hellblauen Sitzen haben schon so viele Menschen ihre Backen gepflanzt: Reiche, Arme, Dumme, Intelligente, Intellektuelle, Genies und solche, die den Sprung in den Wahnsinn gewagt haben. Ach ja: Und die Schwulen, die Neuhamburger in der Bahn belästigen. Ihr glaubt ja gar nicht, was einem Schönling wie mir hier alles so widerfährt. Jetzt kann ich nachvollziehen, was in einer Frau vorgeht, wenn sie von so einem ekelerregenden Arschloch auf langweiligste Art angebaggert wird - nämlich Wallungen in der Magengegend.

Montag, 21. Juni 2010

Das alltägliche Bildnis des Dschungels

Mit der Zielstrebigkeit eines rollenden Steins und den Schritten eines Tausendfüßlers geht das Leben hier seinen Gang. Unaufhaltsam, aber für jeden Einzelnen mindestens in gleichem Maße planlos. Wer hat bei anderteinhalb Millionen Menschen schon den Überblick. Es kann jeder nur seinen Weg mit geschnürten Schuhen gehen oder zu Boden sehen und die Schritte zählen. Und wieder Andere schlafen neben ihrem Hund vor tagsüber verlassenen, nachts hell erleuchteten Schaufenstern. 

Wo sich Alster und Elbe Gute Nacht sagen, spielt sich alles ab, was ein Leben so bieten kann. Natürlich abgesehen von extremen Klimaregionen. In der Bahn werden per Handy melodramatische Bände geschlossen und zerrissen.  Wer klug zu sein glaubt, sucht das schnelle Geld in Nutten und Drogen. Andere vergraben sich in Angst und Wut, der Rest ist einfach da, ohne so recht selbst zu wissen, was er soll und was nicht. 
Hamburg, du große Stadt: Wenn ich es hier schaffe, schaffe ich es überall und ich bin auf meinem Weg. 

Zugegeben, ein ziemlich düsteres Bild. Allerdings bestätigt es sich nur in der Perspektive durch die rosarote Brille mit von Zynismus getönten Gläsern. Die guten Seiten sind paradoxerweise die Menschen, denn sie sind bezeichnend für die strahlenden Lichter, die nach Pisse stinkenden Bahnhöfe und das Lachen des kleinen Mädchens auf der Straße. Die Großstadt und vor allem die U-Bahn macht ein Psychologiestudium überflüssig. Statt BAföG bedarf es nur der Fähigkeit zur Reflexion, der seines eigenen Selbst und der seiner Umwelt. Dem interessierten Beobachter bietet sich hier wohl alles, was es für das Überleben zu wissen gilt. Wie vermessen, das als Landei zu schreiben. 
Stimmen tut es trotzdem: 3 Leute sitzen in der gleichen Haltung da, fixiert auf  ihr Handy oder bestenfalls noch ihr Buch. Viele schirmen sich permanent ab durch Kopfhörer oder, was viel schlimmer ist: Ignoranz. Ich frage einen nach einem Taschentuch, er verneint. Da fängt sein Sitznachbar, mit dem er nichts zu tun hat, an in seiner Tasche zu wühlen und gibt mir ein Taschentuch. Ohne, dass ich ihn direkt gefragt hätte. Und so wird auch das düsterste Bild etwas heller. Da, wo ich herkomme hätte das sicher niemand getan.

Dienstag, 1. Juni 2010

"Wohin der Herrgott mich führt"

Ich weiß, zuletzt habe ich meinen kulturell hochwertigen Block etwas schleifen lassen, aber ich hatte zu tun. Ich habe unter anderem ein Auto gesehen, dessen Fahrer sich während der Fahrt die Zähne geputzt hat. 
Abr wenn der Ruf der Welt Dich in die Ferne lockt, wird es Zeit sich ein größeres Pflaster zu suchen. Genau das habe ich getan. Aus unserer kleinen Stadt in NRW hat es mich für die nächsten Monate nach Hamburg zu Sgt. Mercy verschlagen. 
Hier arbeite ich in meinem bekannten Metier, oder unbekanntem Metier... Aber ich will ja auch nicht zu viel verraten. Es sei gesagt, dass ich bei dem, was ich mache, schreibe. 

Natürlich ist das hier einige Nummern größer als es meine Heimat war. Doch die Zeit ist gekommen, dass selbst das verrückteste Küken pflügge wird und das wärmende Nest in den Wind schießt. Aber hier bei Sgt. Mercy ist es ach ziemlich gemütlich. Ich habe eine verlockende Matratze auf dem Boden vor dem Fernseher, direkt in der größten Elektrosmogwolke der ganzen Wohnung. Es ist Mercys alte Matratze, deswegen ist sie 2,30 m lang. Seit Vater war schon als der kleine Mercy noch vier Jahre alt war so schlau und hat im Wissen, dass aus seinem Zögling mal ein ganz großer Kerl würde, direkt zu Beginn ein Bett für lange Menschen gekauft.

Nun haben wir noch unsere Mitbewohnerin, die nicht viel von sich hören lässt, abgesehen von Beschwerden wir seien zu laut und sie müsste um zehn Uhr schlafen. Im Gegenzug hinterlässt sie dafür regelmäßig einige Haare in der Dusche, die ihr entweder ausfallen, die sie sich im Wahn irgendwelcher Stimulationen (was das für Stimulationen sind, lasse ich mal dahingestellt) oder, die sie sich abschneidet um uns zu ärgern. Nur gut, dass sie nach Mercys Worten geschätzt nur alle zwei Monate duscht.
Einmal war sie sogar so frei ein Hösschen für die nächste Wäsche in die Waschmaschine zu tun. Eigentlich kein Problem. Ich stehe nicht auf schmützige Hösschen, weder bei Frauen noch bei Männern, aber das ist eben normal. Außer in diesem Fall, denn dieses Hösschen hatte etwas ziemlich Widerliches an sich. Das ziemlich Widerliche war von roter Farbe und in ausreichender Menge in dem Hösschen eingetrocknet. 
"Der Tampon kam da wohl ein Momentchen zu spät", so formulierte es Mercy. Ja, so siehts wohl aus. Nachgefragt hat er glücklicherweise nicht bei ihr. 

Wie das hier so ist laufen einem täglich die verrücktesten und unterschiedlichsten Menschen über den Weg. Da wäre zum Beispiel der Typ, der an ein Schaufenster gelehnt pennt, mit einer Mütze mit etwas Kleingeld darin vor sich. Echt nett von ihm! Wenn ich mal was für die Parkuhr brauche werde ich auf ihn zurückkommen. Oder da wären noch die netten Damen am Schalter in der U-Bahn. Service-Wüste-Deutschland? Davon ist hier bei Weitem nichts zu spüren. Ich schätze, dass sie so grimmig gucken, weil sie schlecht Zähne haben und mir nur den Anblick ihrer verwahrlosten Kauleiste ersparen wollen. 
Ich bin gespannt, was und wer mich in den nächsten Wochen noch so erwartet. Ich hoffe, dass ich in Zukunft wieder etwas mehr Zeit und Lust finde, Euch auf dem Laufenden zu halten als in den letzten Wochen.

Rock on!

Mittwoch, 12. Mai 2010

Blogeintrag vor´m Vatertag

1. Am Vatertag wird jede einzelne Chance darauf Vater zu werden oder zu sein gefeiert. Hochgerechnet wären das also einige Milliarden Chancen seine diabolischen Schädlinge auf die Welt loszulassen.

2. An Vatertag wird  jedes Jahr auf´s Neue ein Grundmaß an Bier getrunken. Dieses Grundmaß erhöht sich praktisch von Jahr zu Jahr. Paradoxerweise reduziert der Bierkonsum wiederum die Chancen auf eine Vaterschaft, da unter diesem die Qualität des Spermas leidet. Oder kennt ihr etwa jemanden, der schon einmal voll wie eine tschechische Edelhure zur Samenspende marschiert ist?

3. Das bedeutet also, dass das utopische Ziel des Vatertags ist nicht mehr existent zu sein. Väter trinken um keine Väter zu sein und den Vatertag letztlich nicht mehr feiern zu müssen. Auch wenn mir nun einige Freunde und Helfer widersprechen möchten, hat der Vatertag somit prinzipiell die gleiche Existenzberechtigung wie die Polizei. Wenn alle Polizisten arbeitslos und nicht mehr gebraucht würden, wäre ihr höchstes Ziel doch erfüllt. Vielleicht ist genau das der Grund, weswegen wir an Vatertag immer nur schmachtende Blicke der Männer ernten, während ihre Frauen bei dem gemeinsamen Spaziergang nur angewidert die Augen verdrehen.

Werter Leser, wenn du es überhaupt bis hier geschafft hast zu lesen und mir auch noch zustimmst musst du eine noch viel größere Schraube locker haben als ich. Und deine wird dazu noch ziemlich verrostet sein. 
Denn ich für meinen Teil stoße am Vatertag auf meine zukünftigen, gewollten oder ungewollten, bekannten oder unbekannten, halb-schwarzen oder -asiatischen, mich liebende oder mich hassende Kinder an, die genauso großartig sein werden wie ich selbst. 

Auf Euch, Kevin und Jacqueline! 

Montag, 3. Mai 2010

(Ex-) Zivi-Tagebuch 3.05.10 - Letzter Eintrag

Vor ein paar Tagen saß ich mit Low in unserem Zimmer in unserer Dienstunterkunft. Es waren die letzten Stunden, in denen wir die Wohnung als unser "zweites Zuhause" bezeichnen konnten. 
Wir rauchten eine letzte Shisha in dem aufgeräumten Zimmer. Die Betten waren mittlerweile repariert und zusammengeschraubt, wenn auch nicht professionell genug, als dass man sich darauf hätte hinlegen können. Der Boden war zum ersten Mal seit unserem sporadischen Einzug sauber, wahrscheinlich war er überhaupt das erste Mal richtig sauber. Ja, wir haben uns für unseren Auszug noch einmal richtig zusammengerissen was das Aufräumen angeht. Außer bei den Betten eben.

Nun bin ich seit etwa 69 Stunden kein Mann des Staates mehr. Ich habe meinen Dienst an der Gesellschaft getan und werde hoffentlich nie wieder dazu herangezogen. Bye bye, Beamtenstatus! Bye bye, du bittersüßer Schraubstock, der du meine Eier stets vor der absoluten Freiheit bewahrt hast. Damit stehen mir nun wieder alle Grundrechte eines mündigen Bürgers in unserer demokratischen Bundesrepublik zu. Das soll freilich nicht bedeuten, dass nun uneingeschränkte Meinungsfreiheit herrscht. Weder für mich, noch für euch. 
Alle Papiere sind unterschrieben und ich habe beinah die komplette Summe der Gelder, die mich zum Abschluss erwarten sollten erhalten. Mein letztes Essensgeld bekomme ich Mitte Mai ausbezahlt. Natürlich bin ich nicht gegangen, ohne mir noch ein letztes Mal meine kleine, persönliche Genugtuung an Gerechtigkeit zu erlauben. Das Schälchen mit Bonbons im Büro der Verwaltungsangestellten, bei der ich die Entlassungspapiere unterzeichnet habe, war jedenfalls leer als ich gegangen bin. 
Oft wurde ich gefragt, wie es mir so gefällt als Zivi. Meistens habe ich ehrlich und damit entsprechend negativ geantwortet. Doch ich schließe nicht aus, eines Tages einzusehen, mir einzugestehen, mich selbst zu belügen oder einfach gelangweilt zu sagen, dass es vermutlich gut war meinen Zivildienst geleistet zu haben. Wenn schon nicht für mich, dann zumindest für den ein oder anderen alten Menschen (Ja, ich kann auch ganz freundliche Töne anschlagen). 
Zur Zeit kann ich nur sagen, dass ich einfach souveräner mit alten Menschen umgehe. Das muss nicht so gut sein, wie es sich jetzt möglicherweise anhört. Ich bin für derartiges mittlerweile eher etwas übersensibilisiert und entsprechend genervt, wenn es mal wieder zu wohlbekannten Situationen mit alten Menschen kommt. In einem Satz: Ich habe erstmal genug von Senilen, Dementen, Verwirrten, Egozentrischen, vermeintlich geistig wie körperlich fitten und solchen, bei denen all das gleichzeitig der Fall ist. Ich bin ziemlich schnell von ihnen und ihren Marotten genervt, doch als Zivi bildet man zum Glück eine Panzer gegen sowas ...zum Glück meiner älteren Mitmenschen versteht sich.
Mehr ist nicht geblieben. Keine persönliche Reife, keine neu erworbenen sozialen wie kommunikativen Kompetenzen, keine Soft-Skills. Aber zumindest ein bisschen Stolz auf meine schriftliche Ermahnung! Es wird eine Weile dauern, bis sich meine Eier von dem unsanften Griff des Staates erholt haben werden. Seid euch sicher, noch bevor das passiert werden die Leute, die nichtmal ein ehrliches "Danke" oder ein anerkennendes Lächeln für uns übrig hatten, sich nach der Zeit zurücksehen, als der Zivildienst noch 9 Monate oder länger oder überhaupt noch existent war. 

Donnerstag, 29. April 2010

The highway to the dangerzone - Die kürzeste Ewigkeit der Welt

Wenn du aus 4000 Metern Höhe völlig ungebremst dem Erdboden entgegenrauchst ist dein Kopf leerer als bei einem Orgasmus

Letzten Samstag war es so weit: Die Luft war frei von Asche und so frei von Wolken wie es eben ging. Die Sonne strahlte und ich bin mit einem breiten Grinsen aufgestanden. Bevor ihr euch fragt: Besagtes Grinsen war auch einige Stunden später noch da, als ich vor der geöffneten Luke im Flugzeug stand. 
Nachdem ich mich am Flugplatz angemeldet hatte, kam nach einer Weile ein recht maskulin wirkender Typ und erklärte mir und einem weiterem Tandemspringer wie wir uns in der Luft zu verhalten hätten. Ich wusste sofort, dass ich nur unter ihm hängen wollte. So kam es dann auch, er stellte sich mir noch einmal vor und gab mir anschließend meinen Overall. Außerdem bekam ich noch eine Lederkappe, die in SM-Kreisen sicherlich einige schmachtende Blicke geerntet hätte.
In einer "Top Gun"-Atmosphäre sehen wir unser Flugzeug landen. Wir setzten uns schließlich hinter die Piloten. Mein Tandempartner erzählte mir das Ding hätte 1000 PS, das sollte uns definitiv in die Luft bringen. Auf geht´s, die Dangerzone wartet! 

Die Kiste ruckelt gewaltig und ich hoffe nur, dass wir bevor wir abstürzen wenigstens die 4000 Meter knacken. Aus geringerer Höhe will ich nämlich auf keinen Fall herunterstürzen, schließlich habe ich dafür bezahlt! 
"Das Fliegen ist schon Wahnsinn, was!?", meint mein Partner und er hat Recht! Wenn man sich erstmal an den Gedanken gewöhnt hat an einem Fallschirm und nicht in einem brennenden Flugzeug auf die Erde zurückzukommen, ist es großartig. Von oben sieht sie wunderschön aus, unsere Welt. Auch, wenn die Welt hier oben unmöglich mit der da unten zu vergleichen ist. Alle Sorgen, Probleme und Kriege sind auf dem Boden geblieben, weit weg und unerreichbar weit entfernt. Hier oben fehlt mir absolut nichts. Ich fühle mich heimisch, diese Welt passt perfekt in mein Leben.
Alle im Flugzeug sind schon mehrere Male gesprungen, außer mir. Dennoch durchbricht nur der Motor der Maschine das Schweigen. Jeder hier scheint in sich gekehrt, vielleicht etwas nervös oder zumindest aufgeregt. Es ist jedoch eine Nervosität, die erfüllt ist von Vorfreude auf pures Glück und dem Gedanken an Freiheit. Noch ein letztes Mal tief durchatmen bevor es losgeht. Und dann heißt es Genießen! denn nach einem Fingerschnippen wird es vorbei sein und die Erde hat uns wieder. Oder im Fall meines Partners heißt es eher werbewirksam noch ein letztes Snickers essen, bevor es losgeht. Wenn´s mal wieder länger dauert...
Er fragt mich: "Wenn du willst können wir ein paar Überschläge machen nach dem Absprung!?" 
"Ja klar!", sage ich. Ich wusste im ersten Moment nicht gleich, was ich antworten sollte. Aber dann dachte ich mir: "Wenn schon, dann richtig!" Als nächstes denke ich mir nur noch: "Geil!" 
Es ist soweit, meine Partner schnallt mich an sich fest (Na, wen von euch erregt das gerade nicht??). Die Luke des öffnet sich und es wird noch viel lauter. Der Motor ist jetzt fast nicht mehr zu hören, nur noch der Luftzug. Der Rausch setzt ein... Nacheinander springen die einzelnen Kollegen ab, bis wir schließlich die Letzten sind. Ich muss die Beine hochnehmen und hänge nun nur noch an meinem Partner. Wir, beziehungsweise er bewegt uns vor die Luke. 
Ich sehe große Flecken auf der Erde und kleine Straßen. Alles sieht aus wie gemalt. Es ist ein wenig unscharf, Konturen kann man nicht genau ausmachen. Man weiß, dass es real ist, dennoch ist es völlig unvorstellbar, dass dies tatsächlich die Erde ist. Und, dass man ziemlich am Arsch wäre, wenn man ungebremst dort unten ankommt. Wie in einem wahnsinnig realistischen Simulator, oder in einer surrealistischen Realität. 
Es kommt ein Gefühl der Aufregung in mir hoch. Ich habe noch nie so aufgeatmet und fühlte mich mit einem Mal so leicht. Wie gerne hätte ich meine Gesichtszüge vor Euphorie entgleisen sehen. Doch bevor ich realisiere, dass wir direkt am Abgrund stehen, stehen wir nicht mehr am Abgrund. Wir fallen, fliegen, schweben.
Für einen kurzen Augenblick wird das Flugzeug "unter mir" klein, dann sehe ich wieder die Erde. Die Zeit steht still... Für eine Ewigkeit, die kaum einen Atemzug währt. Diese Ewigkeit ist ein Universum mit tausenden Welten. Ich bin leer, fassungslos. Ich breite meine Arme aus und höre ein lautes Rauschen. Aber befinde ich mich überhaupt in Bewegung oder hat die Welt plötzlich aufgehört sich zu drehen? Ich kann es nicht sagen. An meinen Händen und in meiner Lunge spüre ich diese Luft, so frisch und kalt als wäre sie noch nie geatmet worden. 
Plötzlich erfolgt ein kurzer Ruck und wir bewegen uns wieder langsam. Der Fallschirm ist offen, die Uhr läuft weiter. Und es herrscht Stille, richtige Stille. Pur und einzigartig. Selbst der, der nicht an Gott glaubt, wird hier oben in dieser wunderbaren Stille die Engel flüstern hören. 
Mein Partner gibt mir die Steuerungsleinen in die Hand und sagt mir, was ich tun muss. Es funktioniert genauso, wie man es aus filmen kennt. Ziehe ich an beiden werden wir langsamer, ziehe ich an einer, fliegen wir eine scharfe Kurve bis hin zur Schraube. Mal gleiten wir langsam, mal torkeln wir so wie in einem Korkenzieher gen Erdboden. Es ist faszinierend zu sehen, wie die Konturen klarer werden. Das Gemälde wird langsam zum Foto.
Schließlich sind wir etwa 40 Meter über dem Boden, nach einer Höhe von 4000 Metern sehen die allerdings höchstens aus wie zehn Meter. 20 Meter, 10 Meter, 5 Meter... Ich ziehe meine Beine an und wir landen sanfter als erwartet. Mutter Erde hat uns wieder, Vater Himmel fehlt uns jetzt schon. 

Und nun? Nun haben wir den Salat! Ich habe damit angefangen. Nun gibt es kein Zurück mehr wie bei einem Hai, der Blut gewittert hat. Das nächste Mal werde ich vermutlich alleine springen. Und dieses nächste Mal wird kommen.

I believe I can fl... - PATSCH!!!

Sonntag, 18. April 2010

Der Big Jump geht in Asche auf!

Tut mir Leid, aber ich muss die ein oder anderen von Euch leider enttäuschen: Ich lebe noch und es ist auch nicht so, dass ich nicht die Eier gehabt hätte zu springen.
Der Sprung fand nicht statt, weil ein beschissener Vulkan auf Island mit einem unartikulierbaren Namen nicht nur 60 Prozent aller Flughäfen in Westeuropa lahmgelegt hat, sondern auch, was unlängst schlimmer ist, den Sportflugverkehr. Pech für alle, die gestern Morgen mehr oder weniger aufgeregt aufgestanden sind und Pläne für etwas hatten, das ein paar tausend Meter über dem Erdboden stattfinden sollte.
Und Glück für Alle, die Angst um mich hatten. Ich werde jetzt vorraussichtlich nächsten Samstag springen, falls die Welt bis dahin nicht von Delphinen erobert und die Menschheit versklavt wurde. In dem Fall würde ich mir überlegen meine Tierliebe vorrübergehend über den Haufen beziehungsweise einen Delphinkadaver zu werfen.
Nun frage ich mich allerdings, ob die Piloten einfach solche Weicheier sind und keine Herausforderungen schätzen oder sie wohlmöglich wegen einer Pilotenversammlung am Abend vorher einfach noch nicht wieder nüchtern waren. Oder es waren gerade wegen einer solchen Versammlung noch in der Nacht alle Maschinen von betrunkenen, sich überschätzenden Sportfliegern zu Schrott geflogen... 

Ob nun Aschewolke oder Besäufnis: Was soll denn passieren, schließlich haben wir doch Fallschirme. Jetzt bleibt jedenfalls erstmal nur abzuwarten, was bis zum nächsten Termin so alles dazwischenkommt. Vielleicht kommt alles ja ganz anders als erwartet und die Welt wurde bis dahin längst in ein Schwarzes Loch gesogen, weil die Jungs von CERN sich diesmal ein wenig veschätzt haben. 



Mittwoch, 14. April 2010

Soll es nicht nur einen Künstler, sondern auch ein Kunstwerk geben, muss der Künstler sterben. Oder berühmt werden, vorzugsweise aber beides

Ich werde fliegen. Oder fallen, das wird sich zeigen. In genau drei Tagen werde ich zusammen mit einem erfahrenem Fallschirmspringer aus 4000 Metern Höhe hinabspringen und der Unendlichkeit entgegen rauschen. 
Ich mache einen Tandemsprung. Das heißt, ich werde unter dem Kerl baumeln wie seine eigenen Eier. Wenn ich diese Rolle schon stellvertretend übernehmen muss, hoffe ich wenigstens, dass er ein cooler Typ ist. Alles andere käme für mich nicht in Frage. 

Eines steht außer Frage: Niemand möchte sich diesen Ausdruck meiner Großspurigkeit entgehen lassen. Dementsprechend haben sich bereits eine Menge Leute angekündigt, allen voran meine eigene Verwantschaft, meinen Sprung direkt vor Ort, live miterleben zu wollen. Den tausenden Fans, die vermutlich internationaler sowie multikultureller Herkunft sind und die sich jetzt um ihr großes Idol und den Namensgeber ihrer ungewollten Kinder sorgen, kann ich zumindest Folgendes sagen: 
Ich wurde schon öfters gefragt, wieso ich das mache. Darauf gibt es ein ganz klare Antwort: "Weiß nicht."
Ich bin nicht besonders aufgeregt, obwohl die Aufregung hoffentlich spätestens dann kommt, wenn ich in 4000 Metern Höhe an einer geöffneten Flugzeugtüre stehe und mir reihenweise Fliegen ins Geischt klatschen. Vielleicht mach ich es für den Adrenalinkick, den 50 Sekunden im freien Fall zweifellos versprechen. 
Andererseits halte ich es für eine der wichtigsten Sachen überhaupt im Leben sich seinen Ängsten zu stellen und diese zu überwinden. So gesehen wäre es wohl am besten, ich hoffe es allerdings nicht, wenn ich unten mit vollgeschissenen Hosen ankomme. Ich habe natürlich auch noch Windeln, aus meiner Zeit als Zivi... (Ja, es ist verdammt geil das zu schreiben!) Für den Fall der Fälle.
Könnte auch sein, dass ich mir selbst demonstrieren, wo unsere Grenzen im Leben sind: Und zwar genau da, wo wir sie uns setzen! Ich würde lügen zu sagen, dass ich so einen Sprung schon immer machen wollte. Ein Grund mehr es trotzdem zu tun. 
Ja, manchmal muss man etwas Verantwortungsloses und Gefährliches machen. Und das Leben ist so freundlich und gibt uns dazu jeden Tag die Möglichkeit.


Freitag, 9. April 2010

Titellos

Greif nach den Sternen, kleiner Freund
und über den Horizont hinaus
werden sie dich tragen. 
Hinauf zu ungewissen Weiten,
den Fantasien vor deiner Tür. 

Fortan wirst du treiben 
im Strudel deines Bewusstseins 
genau so, wie es dir gefällt. 
Ewige Freiheit und gesprengte Ketten 
werden gemeißelt in Leidenschaft.
Oder du musst im Jenseits erkennen, 
was war und gewesen wär. 

Erobere den Himmel
auf den gigantischen Schwingen des unendlichen Geistes.

Sonntag, 4. April 2010

Die Adamsmode der Deutschen

Ich komme gerade nach Hause und bin eigentlich schon auf dem Weg ins Bett, da setze ich mich noch schnell an den Rechner um meine Mails zu checken
Und was muss ich auf der web.de Startseite lesen? Liz Hurley hält angeblich die Deutschen für ein Volk ausgeprägter Freikörperkultur. Ich weiß ja nicht genau, wo sie mich nackt gesehen hat aber es kann eigentlich nur auf Malle letztes Jahr gewesen sein. 

Falls ich die Anekdote schonmal beschrieben habe, hier die Kurzform: Ich war mit Sven und NakedDevil auf einem Zimmer und bereits am Tag der Anreise wurde es uns zu heiß in unseren Badeshorts, so dass schnell ein entblöster Schwanz auf unserem Balkon stand und zwei weitere im Zimmer. Der Belgier von Balkon nebenan schien darüber allerdings nicht sehr erfreut, da er auf Svens Frage, ob er etwas dagegen hätte, dass wie nackt auf dem Balkon rumliefen mit einem strikten "Oui!" antwortete. Daraufhin ging Sven in seinem Adamskostüm wieder zu uns ins Zimmer. Eine knappe Minute später standen wir alle drei nackt auf dem Balkon, was der Belgier zunächst resigniert zu akzeptieren schien. Am nächsten Morgen, und es war erst der zweite Tag! wurden wir ins Büro des Managers bestellt und entgingen nur knapp einem Rausschmiss aus dem Hotel.

Aber dieses Ereignis zeigt, dass unsere deutschen Bemühungen Früchte tragen und sie es sogar über den großen Teich schaffen in die edlen, unbeschmutzen Wohnzimmer des ein oder anderen Hollywoodstars. Für die Jungs von der Bloodhound Gang wäre das sicher nichts Neues gewesen. Und schon gar nichts Abschreckendes.

Zivi-Tagebuch 4.04.10 - Wenn ein Zivi am Horizont verschwindet...

Das war´s. Meine Zeit als praktizierender Zivi ist gelaufen. Ich werde nie wieder diesen Küchenbulli fahren, nie wieder Müllsäcke schleppen. Nie wieder die Schwestern und Küchenfrauen in den Wahnsinn treiben... Moment, da muss ich mir eine einsame Träne von der Wange wischen... So. Nie wieder zwischen den zwei Stühlen der herzzerreißenden Entscheidung sitzen, ob ich mich schlafen lege oder mich lieber zum Lesen in eine einsame Ecke verziehe. All das wird mir in Zukunft sicher nicht fehlen. Keine einzige Sekunde. 

Jetzt mal im Ernst: Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Zeit als Zivi ohne tiefere Spuren an mir vorbeigegangen ist. Ich habe definitiv schon einschneidendere Erfahrungen gemacht. Ich weiß noch, damals im Zeltlager mit dieser rassigen Betreuerin... Ähh, zurück zum Thema. 
Aber ein Schicksalhaftes Ereignis ist wohl bezeichnende dafür, mein Zivildienst zumindest irgendwie abgestumpft hat, was meinen kreativen Geist angeht. Die armen Irren unter Euch, die diesen Blog mehr oder weniger erfolgreich als Bildzeitungsersatz genutzt haben, werden in einem meiner früheren Einträge gelesen haben, wie ich das erste Mal in die Tagespflege beordert wurde. Mir wurde die ehrenvolle Aufgabe zu Teil Kaffee auszuschenken, als ich auf einmal aus dem Augenwinkel beobachtete wie Frau S. sich unverständlicherweise Apfelsaft in ihren Kaffee schüttete. 
Und als ich nun neulich an meinem letzten Arbeitstag mit Waldi in der Küche stand und sabbernd meiner letzten Minute als arbeitender Zivi entgegenfieberte, hielt ich es für eine gute Idee einen letzten Kaffee auf Kosten der Dienststelle zu trinken. Und mit was trinkt ein überarbeiteter Zivi, der mit den Gedanken schon im abschließenden Alkoholrausch ist, seinen Kaffee? Richtig, natürlich mit Apfelsaft! Frau S. hat es vorgemacht und diese Prophezeihung hat sich an meinem letzten Tag bei der Arbeit für mich letztendlich noch erfüllt. Das muss ein Zeichen sein! Keine Ahnung was für eins, aber es hat definitiv eine schicksalhafte Bedeutung. 

Um auf den abschließenden Alkoholrausch zurückzukommen: Low, er war bereits einen Tag vorher fertig, Hannibal und NakedDevil warteten bereits in unserer WG auf mich, damit wir auf Lows und meine neu gewonnene Freiheit anstoßen konnten. Einmal, zweimal, dreimal, viermal und noch viele, viele weitere Male die sich über die nächsten dreizehn Stunden hinziehen sollten. 
Als ich hereinkam und meine Siegeszigarre auspackte, stellten die drei gerade die Reparatur des kaputten Bettes in unserem Zimmer fertig. Das Lattenrost war vollkommen zerstört, dadurch dass es mehrere Male immer weiter durchbrach, wenn mal wieder irgendwelche besoffenen Primitivlinge darauf kämpften, ohne zwischendurch wieder zusammengeflickt zu werden. 
Aus dem Radio schallte Wagners Walkürenritt quer durch die ganze Wohnung, während die drei mit nacktem Oberkörper und einigen geöffneten, sowie geleerten Bierflaschen über ihr Werk triumphierten. Ich weiß noch, wie Low in glorreichem Ton zu mir sagte: "So Staddicc, das wäre auch erledigt!" 
"Coole Sache, aber passt auf, dass es nicht gleich wieder Kaputt geht." Ich kenne ja meine Leute... 
"Quatsch, das hält besser als vorher." Wie sich bald herausstellen sollte, kenne ich sie wirklich gut. Es dauerte nämlich nicht lange, da sprang NakedDevil in einem leichten Anfall seines freudigen Wahnsinns schreiend auf dem Bett herum. Es war eine Sache von knappen zwei Sekunden, da war das Lattenrost wieder durch. Seitdem haben wir uns nicht mehr damit befasst. Erstmal wurde genug gearbeitet, nun war es Zeit für wichtigere Dinge. 
Es ging also ein Bier nach dem anderen weg und die Bude wurde langsam voller. Ich weiß nicht mehr, wann und wer auf die Idee kam die Windeln anzuziehen. Low hatte sie an seinem letzten Tag noch geklaut hat um seinen finalen Coup noch real zu machen. Aber schließlich saßen wir alle, wir waren immerhin sieben Kerle, in Windeln auf unserer Spielwiese. Es kam wie es kommen musste: Einer, den ich hier nicht nennen möchte, ließ sich die Erfahrung nicht entgehen. Welche Erfahrung? Sagen wir mal, er stand mit Windel in der Dusche und sagte Folgendes...
"Seid mal still, ich muss mich hier konzentrieren. Ah jetzt! Es kommt... Oh, es wird übelst warm. Und sie wird ziemlich schwer. Ich hab das Gefühl, sie hängt immer weiter runter. Seht ihr irgendwo einen gelben Fleck?"
Dazu bitte keine weiteren Fragen... 
Es war dann noch ein sehr chaotischer Abend mit abartigen Details, an denen nicht selten NakedDevil beteiligt war. Ein Höhepunkt der Perversion zivildienstlicher Antikultur. Und das, obwohl NakedDevil beim Bund ist. Oder wahrscheinlich gerade deswegen. Stellt euch einen Typ in Polohemd und Windel vor, der sich mit dem Akkuschrauber in der Windel rumbohrt. Zum Glück seiner zukünftigen Kinder ohne ihn einzuschalten. 
Abends zog es uns schließlich in eine kleine Kneipe in der Stadt. Es war eine dieser Kneipen, die... Scheiße, ich will jetzt nicht mit den Bezeichnungen einer Klassengesellschaft kommen. Sagen wir einfach eine Kneipe, die verstärkt von gewissen Kreisen von Leuten genutzt wird. Der Art von Leuten, die morgens um 8 Uhr davor stehen und warten, dass der Wirt endlich aufschließt.
Und das haben wir dem Laden, dem Besitzer und den Gästen eindeutig angemerkt. Es war ziemlich offensichtlich, dass wir die resignierte Stille, die normalerweise in derartigen Siffbuden herrscht, störten und daher eher unerwünscht waren. 
Da war es nicht gerade von Vorteil, dass ich auf dem viel zu kleinen Scheißhaus eine halb volle Bierflasche auf den Boden schmiss und die Scherben mit dem Fuss nur notdürftig in einer Ecke zusammenschob. Erstaunlicherweise wurden wir nicht direkt rausgeschmissen, ich musste es nur wegmachen. Albern wurde der Besitzer erst 5 Minuten später, als wir alle friedlich unser Bier tranken: "Also meine Gäste meinten, einer von Euch hätte auf dem Klo den Hahn von der Spühlung abgerissen. Entweder derjenige sagt, dass er es war und wir klären das jetzt oder ich rufe die Polizei." 
"Ähh, was?? Naja, dann rufen Sie bitte erstmal die Polizei." Daraufhin hat er ein wenig verwirrt auf seinem Handy rumgedrückt, die Polizei musste zu uns aber in dieser Nacht nicht mehr kommen. "Tja, ich kann es euch leider nicht nachweisen. Aber wenn einer meiner Gäste sagt, ihr ward das, dann kann ich mich darauf verlassen!" Mensch Kumpel, hast du schonmal daran gedacht, dass die Haufen menschlicher Existenz, die du "Gäste" nennst, seit wahrscheinlich 5 Wochen alles doppelt sehen und nicht mehr wissen, wie ihre Wohnung aussieht?? 
Ab diesem Zeitpunkt fängt meine Erinnerung an sich zu verdunkeln. Low und ich waren noch in zwei weiteren Bars und haben dauernd mit zwei Engländern gequatscht, die seltsamerweise immer genau da waren, wo wir auch waren. Schließlich zwischen 4 und 5 Uhr morgens trafen wir auch wieder in der WG ein. Low und ich hatten ziemlich Hunger und freuten uns wie Schulkinder auf Lows Tiefkühlpizza. So lange bis wir in den Kühlschrank schauten und nur Bier vorfanden. NekdDevil und Hanniball, die schon vor uns nach Hause gegangen sind haben sich unverschämter Weise über die Pizza her gemacht. Das war ein gewaltiger Fehler, denn damit haben sie Low an seinem persönlichstem Punkt erwischt. Diesem Typ kann man in die Eier treten oder seine Mutter beleidigen, aber wenn man ihm sein Essen wegnimmt wird er zur trojanischen Ein-Mann-Armee. Er ist wohl amtlich eskaliert, ich habe das seltsamerweise nicht mitbekommen. Ich habe am nächsten Morgen nur die vielen kleinen Glasscherben auf dem Boden gesehen. 
Kurz bevor wir schlafen wollten, standen noch einige seltsame Vögel vor der Tür, die angeblich Freunde von Freunden von uns waren, die wir spontan noch auf eine Afterhour eingeladen hatten. Aber da ich langsam die Fresse von seltsamen Gestalten, die mir auf den Sack gingen, dick hatte, haben ich ihnen eigentlich unmissverständlich klar gemacht, dass sie sich gefälligst verpissen sollten. Ich musste allerdings rausfinden, dass meine Erklärungen weder idiotensicher, und schon gar nicht sicher vor besoffenen Idioten war. Der Typ wollte also einfach reingehen, während ich noch in der Tür stand und so habe ich ihn dezent aber bestimmt zurückgeschoben. Ich war zwar ziemlich besoffen, aber so im Nachhinein würde ich einfach schätzen, dass der Typ wohl etwas stärker war als ich. Er vepasste mir einen ziemlich kräftigen Schubs, den ich abzufangen in meinem Zustand nicht mehr fähig war und landete (wie ich am nächsten morgen spürte und meinem Körper ansah) sehr unsanft auf dem Boden.
Bevor sie Situation richtig eskalieren konnte, kam glücklicherweise Low raus. Mit freiem Oberkörper und seinen geschätzten zwei Meter , Länge UND Breite, und immer noch aggro wegen seiner Pizza, sprang er in einer Bewegung aus der Tür und verpasste dem besoffenen Trottel einen respekteinflößenden Schubser. Der Kerl flog quer über den Parkplatz, woraufhin er und seine Freunde wohl verstanden, dass Typen wie sie bei uns nicht allzu willkommen sind. Ich danke dir, Bro
Am nächsten Morgen wachte ich in dem kaputten Bett auf, schwer verkatert nach einem Saufmarathon über 13 Stunden. Ohne Boxershorts. Keine Sorge, ich hatte immerhin meine Jeans an. 
Ich bin gespannt, wie laut wir diesmal waren und ob es nach den Feiertagen wieder etwas vom Chef zu hören gibt. Er und seine Ermahnungen sind wohl das einzige, was ich wirklich von Herzen vermissen werde.

Ach ja. Ich schätze, das wird noch nicht mein endgültiger Tagebucheintrag sein, also könnt Ihr euch das Feuerwerk und die Jubelschreie vorerst noch sparen. 


Freitag, 26. März 2010

Der neue Phönix

Gemeinsam schlugen wir uns 
in den Schlachten der Liebe.
Immer nahe dem Abgrund
mit dem Ziel der Vollkommenheit.
Mein Herz war geblendet, 
nicht stark. 
Ich verlor den Halt in dir 
und stürzte hinab. 
Du solltest ich nicht retten. 

Doch mein tiefer Fall 
endetet in einem Tal der Hoffnung. 
Und mein zukünftiger Weg
war gepflastert aus Stärke und Glück. 
Nun stieg ich empor.
In strahlender Liebe 
fliege ich über dem, 
was du Leben nennst. 
Du winkst mir zu, 
doch bist nicht das Ende meines Fluges. 

Und was nun herrscht
ist Freiheit.

Die Freiheit der Riesen

Diesseits des Horizonts
stehen die Mauern, 
die das Leben verbergen.
Erbaut von Zwergen
Die Grenzenlosigkeit ist den Riesen vorbestimmt. 

Sie zu erschaffen ist leicht
Sie zu durchbrechen ist Macht
Und dahinter: 
Pures Glück

Verstecke dich nicht im Schatten
Erblicke das Licht
Es kann dich blenden
Doch öffnest du deine Augen
Wirst du selbst erstrahlen.

Montag, 22. März 2010

Zivi-Tagebuch 22.03.10 - Doch noch ein Arschtritt

Als Zivi neige ich dazu meine körperlichen und geistigen Aktivitäten aufs Nichts tun zu beschränken. Ihr habt das sicherlich schon bemerkt, das hier ist erst der dritte Eintrag diesen Monat. Staddicc, du faule Sau!

Aber es gibt Neuigkeiten: Ich dachte schon, ich wäre ein schlechter, wohl möglich gar kein richtiger Zivi und müsste ohne amtlichen Anschiss aus meinem Dienst am Staate scheiden. Aber glücklicherweise hat meine Dienststelle nun doch Grund am Tag meiner Entlassung keine Trauermusik zu spielen, sondern stattdessen ein Feuerwerk zu zünden. 
Nach unserer winzig kleinen, und völlig ruhigen Feier zu Sgt. Mercys Geburtstag am letzten Wochenende wurden wir am Montag ins Büro der Personalleitung gerufen. Wir dachten uns schon, dass es einen Arschtritt geben würde. Ein anderer Zivi, der Urlaub hat und in unserer WG wohnt, hatte uns bereits erzählt, dass der Chef in der Wohnung war und irgendetwas von einer Beschwerde gefaselt hatte. 
Da standen wir also wie die ausgestopften Vögel auf der Stange in seinem Büro und wurden von geheucheltem Ärger über unser Verhalten in die Abgründe des Schuldbewusstseins gestürzt. Irgendwie kam es bei mir nicht so an, als interessiere ihn die Angelegenheit wirklich. Eher so, als müsste er sich der Form halber etwas aufregen. Er erklärte uns, dass er noch spät in der Nacht eine Mail vom Hospiz  erhalten habe, welches direkt neben unserer WG liegt. In dieser Mail war von lautem Gegröle und Geschreie die Rede. Keine Ahnung, wie die Tanten da auf so eine Schnapsidee kommen. Jedenfalls geht aus meinem letzten Eintrag ja schon eindeutig hervor, dass es bei uns ruhig zuging und wir kein bisschen "gegrölt" haben. Und selbst wenn. Ich frage mich, wovor die sich Sorgen machen. Davor, dass einer der schon fast kalten Menschen dort nochmal ein bisschen Spass haben und neuen Lebensmut fassen könnte? Oder etwa davor, dass die beinahe tauben Bewohner ein fernes, leises "Sauft, ihr Schlampen!!" vernehmen? Also ehrlich, man kann auch pingelig sein. 
Das Ende vom Lied hat sich dann jedenfalls so angehört: "Sie werden morgen eine schriftliche Ermahnung von mir bekommen. Außerdem werde ich mir morgen früh die Wohnung ansehen. Ich erwarte, dass sie tiptop aussehen wird und Sie etwas gegen den katastrophalen Zustand unternehmen werden, der jetzt dort vorherrscht." 
"Katastrophaler Zustand". Das sind auch die Worte, die in unserer Auszeichnung... oh pardon, Ermahnung gebraucht wurden. Gott sei dank darf er in unserer Wohnung nur die "öffentlichen" Räume sehen, also das Wohnzimmer, die zwei Bäder und die Küche. Hätte er gesehen, dass wir in unserem Zimmer aus zwei Hochbetten eine riesige Spielwiese gemacht haben, die mittlerweile nur noch aus drei heilen und einem ziemlich zerstörten Bett besteht, wäre er möglicherweise wirklich etwas ungehalten geworden. 
Aber verdammt! Ich bin wirklich stolz auf mich. Ich hatte schon ernsthaft Angst, dass ich aus meinem Zivildienst nichts mitnehme, was ein Nachweiß meiner Arbeitsmoral und meines Respekts vor dem Zivildienst ist. Naja, ist ja alles nochmal gut gegangen... Ich glaube, ich werde meine Ermahnung in mindestens Din A3 ausdrucken lassen und sorgfältig eingerahmt in der WG an die Wand hängen. Oder ich verteile sie als Flugblätter in der ganzen Stadt: "Guten Tag, meine Name ist Staddicc. Ich bin ein Repräsentant des Staates diene der Gesellschaft. Darf ich Ihnen diesen Flyer mit nach Hause geben?" Und, wenn die Leute weinend davonrennen würde ich ihnen nachrufen: "Empfehlen Sie mich weiter!" Möglicherweise tapeziere ich mit der Ermahnung aber auch einfach nur in hunderter Ausführung die Wände... Ich wüsste gerne, was es dann bei der nächsten Wohnungsbesichtigung zu hören gäbe.

Samstag, 13. März 2010

Zivitagebuch 13./14.03.10 - Ein Abend, der eines Zivis würdig und eines Soldaten unwürdig ist

So! Wir sind gerade in unserer WG und es hallt von irgendwoher laut grölend ein besoffener Mensch: "Disko Pogo!!!" (Aus der Anlage oder aus einem menschlichen Sprechorgan).

Es wird heute Zeit in den Geburstag von Sgt. Mercy reinzufeiern... Meine Blicke wandern von einem Exzess zum nächsten. Allen voran Till, der gerade einen Bierbong (gefüllt nicht nur mit Bier, sondern auch mit Jägermeister) vernichtet und anschließend wieder im Klo entsorgt hat. Mittels Nase und Mund... Hauptsächlich Nase! Und jetzt singen alle Atzen. Alle, die sich seit langem mal wieder zusammen gefunden haben und auf den Schränken, auf dem Tisch sowieso und in ein paar Minuten wohl auch auf ihren nackten Freundinnen tanzen.

Eine Sekunde...

So, dem Sgt. wäre jetzt damit auch gratuliert. Auch, wenn er zu mir sagte "Ey, warte... die Coolen Leute kommen am Schluss!" Ich meine zu ihm, ich sei wohl nicht cool... "Na dann fick dich!"
Sehr sympatisch unser Freund, der, weil er in seinem Beruf so wahnsinnig beschäftigt ist immer unglaublich viel zu tun hat und deswegen haufenweise Fotomontagen mit Photshop macht. Unter anderem eine Montage vom Hangovertitelbild, bei dem er Lows und seins und mein Gesicht bei den "richtigen" Leuten eingefügt hat. Naja, ich war der fette Volltrottel...

Und jetzt geht´s ab in die Disko. Hoffen wir, dass NakedDevil es diesmal auch schafft. Er hat zwar heute, genau wie letztes Wochenende gesagt: "Diesmal schaffe ich es auf jeden Fall in die Disko! Zumindest lebendig."

Immer diese Soldaten... Zivis sind eben doch die Härteren. Wer weiß, vielleicht schläft er aufgrund der unerträglichen Schmerzen rektaler Herkunft.

Mittwoch, 3. März 2010

Zivi-Tagebuch 3.03.10 - Tage zählen

Stellt euch vor ein Stein fällt zu Boden. Und er fällt und fällt und fällt. Ihr seht auf die Uhr. Der Stein fällt weiter. Ihr seht wieder auf eure Uhr, es sind zwei Stunden vergangen und der Stein ist kurz davor auf den Boden aufzutreffen. Doch plötzlich scheint etwas seinen Fall zu bremsen und alles geht langsamer. Der Stein schwebt beinah in der Luft. Es vergehen zehn weitere Stunden bis der Stein auf dem Boden auftrifft und ihr werdet in dieser Zeit noch sehr oft auf die Uhr schauen. 

Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit bis ich fertig bin. Nur noch...
Nach meiner Planung muss ich im April noch zwei Tage arbeiten. Das bedeutet, ich muss noch 24 Tage für Vater Staat den Arsch hinhalten, danach habe ich Urlaub. Noch 192 Stunden. 192 theoretische Stunden, wohl kaum 50 praktische. Ich habe nicht vor in diesem Laden noch die Karriereleiter zu erklimmen. Betrunken runter zu fallen, scheint mir da das sinnvollere Ziel zu sein. 
Noch gut drei Wochen arbeiten, dann werde ich in Vorruhestand eines Zivis versetzt. Selbstverordnet versteht sich. Und dann steht Urlaub an. Die passive Phase, in der ich nur noch auf dem Papier Zivi bin. 
Dann wird es nie wieder "Ach, mir geht es so schlecht."; "Ich weiß nicht, was mit mir los ist."; "Mir ist so langweilig, ich will nach Hause, lassen sie uns Mensch-ärgere-dich-nicht spielen." und schon gar kein "Unter meinem Bett ist bestimmt eine Wasserader, deswegen schlafe ich so schlecht. Gucken Sie mal, wie mein Pendel ausschlägt!" mehr geben. Falls es Euch immer noch nicht aufgefallen ist, jetzt merkt Ihr es sicher langsam: Ich liebe diesen Laden fast so sehr wie Sand in der Kimme.
Jedoch hat mir Low erst heute eine ebenso witzige wie bezeichnende Episode unseres tristen Alltags erzählt: 

In seinem Stammhaus wohnt mittlerweile eine gewisse Frau D. Diese Frau kenne ich aus der Kurzzeitpflege und sie ist ein Musterbeispiel an Weinerlichkeit und Selbstbemitleidung. Und auch alte Menschen haben hin und wieder Geburtstag, auch wenn sie selbst es nicht wissen und teilweise vehement bezweifeln, wie Ihr sehen werdet. Aber dafür gibt es ja das in Kalenderführung umfassend geschulte Pflegepersonal. Und so war heute Frau D.s großer Tag gekommen. Frau D. befand sich natürlich wieder einmal im Kampf mit dem Tode und den herzzerreißenden, bitteren Tränen einer leidenden Hypochonder. Doch gerade als sich die ganze Mannschaft vor Frau D. versammelt hatte, schlug ihre Stimmung um und sie verfiel in einen Kampf mit der Müdigkeit. Irgendwann ist das eine Schwester zu ihr ans Sofa gekommen:
„Frau D. Herzlichen Glückwunsch, die haben heute Geburtstag!“
Mit sehr weinerlicher Stimme:„Was, ich? Geburtstag? Nein, das kann nicht sein... Aber bitte, helfen Sie mir.“ Währenddessen stimmte der Amateurchor ein Geburtstagsständchen an, allerdings war Frau D. von dem ganzen wahnsinnigen Aufruhr dermaßen erschöpft (komischerweise war sie das vorher auch schon, und gestern auch schon, und an dem Tag davor ach), dass sie sich prompt wieder auf dem Sofa lang machte und weiter schlief, während sie das Personal ungestört, aber auch unbeteiligt ihr Liedchen trällern ließ. 

Hört sich irgendwie nach einem Geburtstagsmorgen von mir an, wenn ich reingefeiert habe...

Donnerstag, 25. Februar 2010

Der Zauberlehrling

Frank sah sich im Zimmer um, es wirkte einsam. Vielleicht auch, oder gerade weil es so riesig war, mit dem großen Bett, der Tür zum begehbaren Kleiderschrank daneben und auf der anderen Seite dem Eingang zum Badezimmer. Er saß in dem Sessel vor dem großen Fernseher, auf dem Hocker neben ihm ein Glas halb voll mit Scotch. Er bemühte sich etwas zu hören, irgendwas. Doch da war nichts, tödliche Stille. Nur das Bild des Plasmafernsehers flimmerte vor seinen müden Augen, ohne Ton. 2300 Euro für 130 cm Bilddiagonale, inklusive eines DVD-Players, den Frank verschenkt und sich stattdessen einen anderen gekauft hatte, weil dieser keine Filme aufnehmen konnte. Im Bild räkelten sich nackte Menschen umeinander. Es war schon spät und mehr als Pornos hatte das Fernsehen um die Zeit nicht zu bieten. Der typische Höhepunkt eines typischen Tages. 
Frank war müde von der Show. Es waren wieder viele Menschen gekommen um zu sehen, wie er die physikalischen Grenzen aufhob und das Unmögliche möglich machte. Manche von ihnen waren aber auch einfach nur Kritiker, die ein Ventil brauchten um dem Ärger mit ihren betrügerischen Ehefrauen Luft zu machen. Sie versuchten es immer wieder, doch sie fanden nie etwas zu beanstanden. Franks Show war perfekt, sie war echt.

Als Frank am nächsten Tag aufwachte, schien die Sonne bereits durch die Rollläden. Er putzte sich die Zähne, schmiss eine Aspirin ein und spülte sie mit Bier runter. Er war jedoch nicht der Typ, der schon morgens trank. Vermutlich wäre er es gewesen, wäre er um die Zeit schon wach gewesen. 
Frank suchte seine Jacke. Am Abend hatte er Tom, einen alten Freund, zufällig bei seiner Show getroffen und nun waren sie zum Essen verabredet. Tom wusste nicht, dass Frank als Magier der Mittelpunkt der ganzen Show war. Wie auch, Frank trat unter einem Pseudonym auf. Tom war völlig von den Socken, als Frank in der Lobby zufällig an ihm vorbeiging. Sie hatten sich in der Schule kennen gelernt, damals hatten sie zusammen Französisch. Es war Tom schon damals ein Rätsel gewesen, wie Frank es in jeder Klausur schaffte zu spicken, ohne in all den Jahren einmal erwischt zu werden. Und Frank war gut. Er spickte so hervorragend, dass er nie lernte und trotzdem nur die besten Noten bekam. Aber Tom machte sich letztlich nie weiter Gedanken darum, da Frank anscheinend nicht gern seine Geheimnisse ausplauderte und so lange er ihn abschreiben ließ, war für Tom auch alles in Ordnung. 
„Deine Show war fantastisch! Besonders der Kleinen hat sie gefallen.“, begann Tom, nachdem sie sich einen Tisch gesucht hatten. Es war ein teures Lokal, Frank lud ihn ein.
„Damit meinst du die süße Zwanzigjährige, die in der Lobby neben dir stand?“
„Erstens ist das meine Tochter und zweitens, ist sie vierzehn.“ 
Frank wurde etwas rot: „Naja, sie sieht schon aus wie eine Große.“
„Ich weiß, das geht heutzutage viel zu schnell. Du musst sie unbedingt mal kennen lernen, sie ist ein wundervolles Mädchen.“
„Vielleicht zu ihrem achtzehnten Geburtstag.“ Frank versuchte zu grinsen, aber Tom sah ihn nur etwas verstört an, deswegen musste es ihm wohl misslungen sein. „Tut mir Leid.“, entschuldigte sich Frank. „Das Showgeschäft ist hart und so unecht, deswegen gewöhnt man sich einen Zynismus an, den man nicht mehr los wird.“ 
„Schon in Ordnung. Aber hey, dafür scheinst du ja wirklich eine Menge Kohle zu machen.“ 
Zwei sommerlich gekleidete junge Frauen setzten sich an den Nebentisch. Frank warf ihnen einen Blick zu. „Wie sieht´s mit der Mutter deiner Tochter aus, ist die über alle Berge oder einfach zu Hause geblieben, weil sie meiner Scharlatanerie nicht auf den Leim gehen wollte?“
„Weder noch. Gerade, als ich dir über den Weg gelaufen bin, war sie für kleine Mädchen. Schade, dass wir uns nach der Show nicht mehr gesehen haben, dann hättest du sie kennen gelernt. Aber das wirst du sicher noch.“
„Und jetzt sind deine beiden Frauen unterwegs, um mir meine männlichen Zuschauer für die nächste Show streitig zu machen?!“ Nun grinste auch Tom: „Ja, vermutlich.“
„Naja, über einen Zuwachs an weiblichen Zuschauern würde ich mich vermutlich nicht beklagen.“ Frank starrte aus dem Fenster. 
Einige Minuten und ein paar Drinks später beugte sich Tom ein Stück zu Frank herüber. „Mal ehrlich, Alter. Die ganzen anderen kannst du ja verarschen, aber wir kennen uns zu lange. Wie machst du das? Ich habe schon so einige Pseudozauberer gesehen und genug, die gerne welche wären, aber du stellst sie alle in den Schatten. Du lässt deine Tricks mit einer Ignoranz geschehen, als wären sie das Normalste auf der Welt. Als wäre gar kein Trick dahinter. Manchmal scheint es fast so, als wären diese Dinge für dich banal und verachtenswert. Was ist dein Geheimnis?“
Frank sah ihn etwas mitleidig an, dann winkte er ab. „Nichts weiter, als ein bisschen belanglose Zauberei.“ „Mit belangloser Zauberei gewinnt man aber nicht die Herzen tausender, begeisterter Zuschauer.“ „Ihr Herzen gewinne ich auch nicht, nur ihr Geld. Und das schaffe ich mit belangloser Zauberei“ Frank sah ihm tief in die Augen und sagte leise: „Aber nur, wenn es tatsächlich Zauberei ist. Für die einen belanglos, für die anderen unglaublich. Nicht mehr und nicht weniger als echte Magie.“ Tom schaute nun sehr verwirrt drein. Aber Frank blickte auf den Strohhalm in seinem Glas. Ohne, dass Frank etwas tat, zog sich plötzlich der Whisky-Cola im Glas im Strohhalm nach oben, bis der Strohhalm komplett gefüllt war. Dann schwebte er wie durch Geisterhand über Toms Glas, während Franks Augen ihm konzentriert folgten. Schließlich lief die Whisky-Cola Mischung hinunter in Toms Glas bis auch der Strohhalm hinunter fiel. „Scheiße tut mir Leid, jetzt habe ich dir ja deinen Vodka-Cranberry versaut. Ich bestelle dir einen neuen.“, sagte Frank, der beinah von Tom unterbrochen wurde: „Das war Wahnsinn!“ Er hatte mittlerweile riesige Augen bekommen und konnte nicht glauben, was er soeben gesehen hatte. 
Tom rang um Fassung. „Hey, wie... Alter, wow. Soll das bedeuten...? Aber das gibt es doch gar nicht. Da steckt doch ein Trick dahinter!“ Frank konnte sich ein schiefes, dennoch etwas gelangweiltes Grinsen nicht verkneifen: „Kumpel, ich verdiene 15 Millionen im Jahr mit solchen Kindereien. Und im Internet wirst du niemals Erklärungen für meine Kunststücke finden. Wenn es tatsächlich die Aliens geben sollte, die vermeintlicher Weise Uri Geller entführt haben, dann stamme ich definitiv von ihnen ab.“ Tom musste sich bemühen seine Kinnladen im Griff zu behalten, er war sprachlos. 
„Seit ich denken kann, geschahen immer wieder seltsame Dinge um mich herum, bis ich schließlich heraus fand, dass sie nicht einfach so geschahen. Nein, ich zog sie an. Diese Wunder entsprangen meinem Geist. Ich lernte die Dinge um mich herum zu kontrollieren und es wurde immer einfacher. Keine Ahnung, wieso das gerade bei mir so ist. Ich habe mit meinen Eltern nie darüber gesprochen, aber sie scheinen auch nichts davon zu wissen. Sonst hätten sie sich wohl spätestens mit mir zusammengesetzt und es mir erklärt, nachdem ich das erste Mal im Fernsehen aufgetreten bin.“ 
Jackie bekam sich langsam wieder unter Kontrolle: „Sag mal kannst du auch Gedanken lesen, oder andere Menschen manipulieren?“ 
„Nicht mehr als normale Menschen auch. Aber das ist auch nicht nötig, Frauen lassen sich so oder so schnell beeindrucken.“ 
„Ich wette, du hast haufenweise Groupies...“ Frank merkte, dass Tom diese Frage nun schon die ganze Zeit auf der Zunge lag.
„Ich würde die Frauen, die beim einkaufen zufällig sehen, wie eine Weintraube über meiner Hand schwebt, nicht unbedingt als Groupie bezeichnen.“ Frank zwang sich ein verschmitztes Lächeln ab. „Eigentlich ist das auf Dauer eher unbefriedigend. Es ist nicht anders als ginge ich zu einer Nutte. Nur, dass es hier noch einfacher und vor allem billiger ist.“
„Wie bitte!? Du führst das Leben, von dem so viele Männer träumen. Du bist praktisch ein verdammter Rockstar.“
„Ein verdammter Rockstar, ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Aber im Garten Eden gibt es nur Adam und Eva. Keine Nadine, Anna, Janine, Bettina oder Daniela. Der Träumer, der sich seiner Scham bewusst ist, bin ich. Es gehört nicht viel dazu, eine Frau ins Bett zu bekommen. Manche quatschen sie einfach voll, andere füllen sie ab und bei mir sind es ein paar dämliche Tricks, auf die sie herein fallen. An meinem Bett konnte ich bisher jedenfalls keine fest zaubern.“ 

Die Wochen vergingen. Frank telefonierte noch ein paar Mal mit Tom, aber den Einladungen endlich auch seine Frau und seine Tochter kennen zu lernen war er seltsamerweise nie gefolgt. Es hatte sich verlaufen und Frank war auch nicht gerade unglücklich darüber, jedoch ohne zu wissen wieso. 
Frank machte seine Shows und betrank sich recht häufig. Seit dem Abend mit Tom vermied er es jedoch Frauen abzuschleppen. Er verspürte einfach kein Bedürfnis danach, im Gegenteil. Es widerte ihn regelrecht an. 
Irgendwann, als er mal wieder seine Schnapsvorräte auffüllen wollte, ein paar Tiefkühlpizzen brauchte er auch, stolperte er dank eines lang anhaltenden Katers über den Einkaufswagen einer Frau. Sie sah ihn verächtlich an, bis sie schließlich laut loslachte. 
„Na, das war wohl etwas zu viel gestern Abend!?“
„Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, wir sollten eher von heute Morgen sprechen.“ Frank rappelte sich hoch. Erst jetzt fiel ihm auf, wie hübsch sie war. Wie sie ihn so anlachte, ging es ihm gleich besser. Und ihr Duft war so unbeschreiblich, Frank hätte auf der Stelle die Augen schließen und in Gedanken abheben können. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob sie wirklich so gut roch, oder ob es vielleicht daran lag, dass sie sich in der Kosmetikabteilung des Supermarktes befanden. Und dann war sie weg. Frank hatte gar nicht bemerkt, wie sie weiter gegangen war. Entweder war er doch noch übler neben der Spur als er dachte oder... Oder was? Frank wusste es nicht, es war einfach eine sehr wunderliche Situation. Er spürte nur, dass etwas anders war. Etwas hatte sich verändert. Er fühlte sich nicht mehr ganz so, als hätte er die Nacht in einem leeren Fass Schnaps verbracht. 
Als er schließlich seine Einkäufe beisammen hatte und an der Kasse stand, sah er sie wieder, diese Frau. Er konnte sie durch die verglasten Schiebetüren des Supermarktes erkennen. In der Mittagssonne wirkte ihr Anblick noch glücklicher. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Franks spürte wie sein Herz heftiger zu schlagen begann. Dieses Gefühl war ihm völlig neu, vor keiner seiner Shows war er so aufgeregt. Seine Zauberei hatte ihm immer eine Art Sicherheit gegeben, doch von der war er nun weit entfernt. 
Franks Kopf war vollkommen leer. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er stand da wie gelähmt und sah wie diese Frau ihre Sachen in den Kofferraum lud und drauf und dran war davon zu fahren. Plötzlich kam er zu sich, als hätte ihn eine Unsichtbare Macht wach gerüttelt. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss kurz raus. Ich komme sofort wieder und bezahle das.“

Montag, 22. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 22.02.10 - Nix los

"Was treibt mein Lieblingsblogger in letzter Zeit eigentlich?" Für alle, die sich diese Frage schon gestellt haben und auch für die, die es einen Scheiß interessiert, gibt´s hier die spektakuläre Antwort:




Keine Antwort ist meistens zwar auch eine Antwort, aber in diesem Fall wirklich nicht. Ich frage mich selbst schon, was so im Arbeitsleben abgeht. In letzter Zeit bin ich leider nicht sehr oft zum Arbeiten gekommen, da ich erstens: die ganze Zeit krank bin und eine krasse Erkältung auskuriere und zweitens: zwischendurch in Hamburg auf einem Seminar für effektiveres Lesen war, für Zivis natürlich staatlich gefördert und subventioniert.
Anscheinend tat die Nordluft den kleinen Pennern von Bakterien in meinem Körper ganz gut, denn in Deutschlands zweitgrößter Stadt ist meine Erkältung nicht gerade besser geworden.
Ich wüsste gern, was meine Dienststelle von so einer Arbeitsmoral hält. Vielleicht wirft es nicht das beste Licht auf mich, wenn ich erst tagelang krank bin, dann meine Krankschreibung endet und ich einen Tag arbeite, anschließend nach Hamburg fahre um ab dem nächsten Arbeitstag wieder krank zu feiern. Obwohl das mit feiern nichts zu tun hat, ehrlich nicht. Ob ihr es mir glaubt oder nicht, wir haben außer dem Seminar in Hamburg nichts gemacht. Wir sind nicht losgezogen, haben keine Koks von den Ärschen irgendwelcher Nutten gezogen. Wir sind auch nicht ins Gefängnis gegangen und haben uns dementsprechend nicht direkt dorthin begeben, ihr kennt die Geschichte...
Wilde Nächte hatten höchstens die Jungs, die noch mit dabei waren, Low und zwei weitere Freunde, die auch Zivis sind. Ihren eigenen Angaben zufolge, konnten sie nachts kaum ein Auge zumachen, weil ich dank Erkältung lauter war als ein Soundtrack von Slipknot. Ich meine mich sogar an einen halbwachen Augenblick zu erinnern, als Low mir das Kopfteil meines Schlafsacks übers Gesicht geschmissen habe, damit ich endlich Ruhe geben. Das war dann wohl nachdem er gespannt neben mir lang und sich mit aller Gewalt zwei Kissen gegen die Ohren drückte. 

Ich seh es einfach so: Da ich jetzt sogar noch ein Antibiotikum verschrieben bekommen habe, kann ich nach meiner Erkältung gestärkt wie der Phönix aus der Asche wieder an die Arbeit gehen und mich meinen letzten Monat als arbeitender Zivi widmen. Ich kann allerdings nicht dafür garantieren, dass sich diese Einstellung mit meinen praktischen Ambitionen decken wird.

Gute Besserung, Staddicc!

Donnerstag, 11. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 1.02.10 - Es gab eine Zeit

Viel zu lang scheint es her, dass ein Zivi noch tun und lassen konnte, was er wollte und dabei nicht einmal darauf achten musste, ob er dabei gesehen wurde oder nicht. Das sieht mittlerweile anders aus. 
Dank einer sexuell unbefriedigten Küchenhilfe, die schon eine ganze Weile meint uns das Leben schwer machen zu müssen, hat sich für uns alles von einem Tag auf den anderen geändert! Mein ganzes Weltbild ist zusammengebrochen, als sie sich bei unserer Chefin beschwert hat, dass wir uns ja immer ohne etwas zu sagen in die Pause verdrücken würden und wir ohnehin  immer viel zu lang weg seien. Man merkt sofort, dass dieses Gulasch aus Selbsthass und Minderwertigkeitskomplexen erhebliche Probleme hat, man könnte denken sie hatte als Kind mal einen Unfall mit einem Tacker und sich dabei die Mundwinkel an die Nippel festgeheftet. 

Und deswegen sollen wir  uns ab jetzt immer abmelden, bevor wir in die Pause gehen und müssen nach unserer halben Stunde Mittagspause wieder oben im Aufenthaltsraum rumsitzen. So lange, bis die Chefin zufällig vorbeikommt:
-"Na Sie sitzen hier schon wieder nur und lesen ihr Buch. Sie könnten ja mal mit den Leuten hier zum Beispiel Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielen."
"Sie können mir glauben, ich täte nichts lieber als das, aber es ist leider so, dass diese Leute hier schon sehr demente Härtefälle sind und es deswegen sinnlos wäre zu versuchen mit ihnen ein so wahnsinnig kompliziertes Spiel zu spielen." 
Als wir da so saßen und unser Krisengespräch, samt Borderline-Küchenhilfe, führten hätte ich am liebsten mit breit geschwollenen Eiern erklärt, wie sehr ich die vergangenen Monate genossen habe, als ich an manchen Tagen bis zu 5 Stunden Pause am Tag gemacht habe, anstatt 45 Minuten. Aber da ich mir den ganzen Mist zur Strafe nicht noch einmal neun Monate lang antun möchte, habe ich mir diese Erklärung verkniffen. Ich hoffe, einfach das die Verantwortlichen meinen Block lesen. 

Darum bin ich im Moment schwer damit beschäftigt, meinen persönlichen Rachefeldzug gegen unsere Küchenhilfe, die mit ihrer Freundlichkeit Königin der Servicewüste sein könnte, zu organisieren. Für sadistische, diabolische und diskriminierende Vorschläge bin ich offen. 
Diese Menschen besitzen die unglaubliche Unverfrorenheit zu erwarten, dass wir Zivis uns aus eigenem Antrieb heraus Aufgaben suchen. Es wird Zeit, dass ich ein Bruch schreibe, eine Art Grundgesetz für Zivis. Allerdings nicht nur für Zivis, sondern durchaus auch für unsere Vorgesetzten. Dann verständen sie vielleicht eher, dass bei einem Zivi so gut wie nichts aus eigenem Antrieb passiert. Wir Zivis sind fremdgesteuert durch den Fuss von Vater Staat, der tief in unseren Ärschen verschwunden ist. 
Ich werde auf meine letzten Tage garantiert keine arbeitswütige Haltung mehr an den Tag legen. Ich vermute, es wird eher auf gar keine Haltung hinauslaufen und somit schlicht auf resigniertes Nichtstun. Es wird Zeit, dass die Welt wieder lernt, was für eine starke Säule wir Zivis in unserem Land bilden. Ohne ohne uns gäbe es kaum noch ein funktionierendes Gesundheitssystem! Und deswegen behalte ich mir auch vor so wenig wie möglich zu tun, da es so oder so noch genug sein wird. 
Ich will nicht in großes märtyrerisches Geschwafel verfallen, aber sein wir realistisch und versuchen das Unmögliche! Es wird Zeit für eine Revolution! Einen landesweiten Streik aller Zivis! Oder zumindest für eine lange Mittagspause und zynische Bemerkungen gegenüber desolaten Küchenhilfen.

Montag, 8. Februar 2010

Suit up, Bro! Vol. II

Letzten Freitag sind also NakedDevil, ich und, wie sich herausstellen sollte, auch Low im Anzug in die Disko zum Auftritt der Atzen gegangen. Keine Frage, es war megageil. Nur, wer einmal mit der unglaublichen Würde und dem euphorischem Lebenstolz in die Rüstung eines Bro´s gekleidet durch die Welt gelaufen ist, kann das Lebensgefühl eines Bro´s nachvollziehen. Ein Anzug hat einfach Stil und ist Ausdruck purer Freude und Glückseligkeit. Das ist zum Beispiel auch der Grund, weswegen ein Bro auf Beerdigungen niemals einen Anzug tragen würde, auf Beerdigungen wird getrauert. Ein Anzug verleiht selbst dem hässlichstem Mann eine übernatürliche Anziehung.  Ohnehin schöne Menschen, avancieren zu einem göttlichen Kunstwerk, welches in einer Kirche oder Kathedrale hängen sollte, als wäre es von Leonardo persönlich geschaffen worden. Ich wäre zum Beispiel so jemand.

So marschierten wir also hoch erhobenen Hauptes durch den Eingang der Disko. Jedoch war Lows Haupt trotz aller Anstrengungen noch ein Ideechen höher als mein´s. Liegt vielleicht daran, dass er dreißig Zentimeter mehr misst als ich.
Da wir die Karten schon im Vorverkauf erworben hatten, konnten wir an der langen Menschenschlange vorbei, direkt zur Kasse gehen. Ihr könnt euch vorstellten, dass dieser bombastische Auftritt unsere glorreiche Wirkung noch um ein Vielfaches verstärkte. Als ich sah, wie kreidebleich die ganzen Hoppernasen in ihren Hoodies geworden sind, während ihre Gangstabräute uns hinterherschmachteten und einige von ihnen schon eine geheimnissvolle Flüssigkeit absonderten, wäre ich aus Schadenfreude beinah purpurrot angelaufen. Zum Glück konnte ich mich gerade noch kontrollieren, ein roter Taint hätte einfach nicht zu meinem Anzug gepasst. 
Als dandyeske Atzenfans genossen wir den Rausch der Aufmerksamkeit, der über uns hereinbrach. Genau, wie wir es erwartet hatten. In regelmäßigen Abständen schwangen sich mir irgendwelche Frauen an den Hals. Wie ich vermute, allesamt Fahrerinnen und somit nüchtern. Wir waren heißer als die halbnackten Hintergrundtänzerinnen in einem HipHop-Video und unser Auftritt war um einiges pornöser. Wir standen im ersten Tanzraum, in dem auch Frauenarzt und Manny Marc auftreten sollten und rauchten in Zeitlupe unsere Zigarren. So lange, bis sich zwei hässliche Zicken hinter uns über den Rauch beschwerten. Ich fühlte mich herausgefordert sie noch etwas mehr zu ärgern:
"Hey, ihr zwei seht so unglücklich aus als hätten eure Katzen Durchfall. Da ihr heute wohl die einzigen sein werdet, die so aussehen würde ich gerne ein Foto von euch machen!?"
"Du kannst ein Foto von uns machen, wenn ihr die Zigarren ausmacht..." Während sie das sagte knipste ich schon. Jedoch konnten sie dank eines bei Frauen angeborenen Reflexes anstatt ihrer Gesichter noch schnell ihre Hühnerhälse in die Kamera recken. Egal, ich zwinkerte ihnen noch zu und rauchte dann weiter. Ungefähr drei Minuten später quatsche mich die eine von ihnen wieder an: 
"Hey, wir hatten einen Deal. Ihr wolltet eure Zigarren ausmachen."
"Ich hab aber kein Foto von euren traurigen Gesichtern bekommen, sondern nur von euren Ausdruckslosen Hälsen." 
"Dann macht erst eure Zigarren aus!"
"Nein, dann wird aus unserem Deal wohl nichts."
Eigentlich schade, dass wir es nicht getan haben. Ich hätte die Bilder glatt an einen Ernie-Heisterkamp-Fanshop verkaufen können. Oder als Motivationsbilder für Emos....

Schließlich kamen auch die Atzen und ließen die Wände wackeln. Allerdings verlagerte sich die Aufmerksamkeit der Masse irgendwann stark von uns auf Frauenarzt und seinen Kollegen. Unvorstellbar, sie trugen keine Anzüge! Zusätzlich wurde es wahnsinnig heiß in der Bude. Und auch, wenn ich verschwitzt immer noch aussehe wie aus dem Ei gepellt, kann sowas den Flair einer Bro-Rüstung durchaus in Mitleidenschaft ziehen und so beschlossen wir nach einem Abend, an dem wir eigentlich alles hatten, der Party den Todesstoß zu geben und uns zu verpissen.
Ich habe ein einige gute Bilder von der verkommenen Kauleiste von Frauenarzt geschossen, laszive Blicke von Männern und Frauen haben uns angefunkelt und... bevor ich es vergesse: Ich hab noch etwas von diesem Abend mitnehmen können. Nämlich eine original Kany West Brille in weiß, gegen die ich meine rosa Atzenbrille bei einer Türkenbraut, die ebenfalls irgendwie pink war, eingetauscht habe.
Leider hatte ich vorher den ganzen vorherigen Abend mein geplantes Tauschkonzept komplett vergessen. Was soll´s, ich musste mich in meinem Glanz suhlen.

Freitag, 5. Februar 2010

Suit up, Bro!

Ganz recht, ihr habt richtig gelesen. Heute steht ein legendärer Abend an! 
Nicht nur, dass wir in genau die Disko gehen, in der auch die Atzen (Manny Mark & Frauenarzt) auf treten werden, sondern NakedDevil sind heute als Bros unterwegs. Das sind wir eigentlich immer, aber heute original im Anzug. 
Für alle, die nicht wissen, was es bedeutet ein Bro zu sein und für alle Frauen: Kein geringerer als BARNEY STINSON, die coolste Figur aus "How I met your mother" hat das Bro-Tum beschlossen. Aber nur dank meiner Hilfe, dann ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen, als er mich damals gebeten hat sein Mentor zu sein und ihm zu zeigen wie man ein geiles Leben lebt. Seidem trägt er seine Botschaft hinaus in die Welt. Ich bin stolz auf dich, junger  Skywalker!
NakedDevil und ich werden wie es sich für einen Bro gehört natürlich im Anzug in die Disko gehen, das alleine sollte schon die Blicke auf uns lenken. Aber da zumindest ich die Atzen natürlich nicht vollkommen enttäuschen will habe ich mir zusammen mit Low absolut pornöse Atzenbrillen bestellt. Pornös ist meine vor allem, weil sie nicht lila ist, wie es in der Beschreibung stand, sondern eher ein schwules roas. Egal, heute ist Metrosexualität angesagt. 
Dazu habe ich mir auch schon den perfekten Schlachtplan überlegt, wie ich mit dieser peinlichen Brille reingehe und hoffentlich mit etwas weitaus wertvollerem wieder rausgehe:

Das Prinzip ist nicht neu, ich habe es von einer sinnfreien Reportage von RTL Exklusiv geklaut für... sagen wir einmal zeitlose Leute. Ich werde einfach tauschen, so wie es auch schon unsere Vorfahren mit Fellen und Erdbeeren getan haben, bevor das erste Geld gedruckt wurde. 
Der Plan ist mit der Brille bei Leuten zu starten, die total scharf auf so eine geile Sonnenbrille sind. Das werden wohl vorzugsweise irgendwelche Frauen sein, die betrunken sind und ihre Kamera gegen meine Brille tauschen. Oder so ähnlich. Das Prinzip ist jedenfalls, den gerade ertauschten gegenstand wieder gegen etwas zu tauschen, was ein bisschen wertvoller ist. Das sollte nicht allzu schwer werden bei den vielen Betrunkenen Leuten, aber warten wir es ab. Ich werde euch auf dem Laufenden halten, was letztlich dabei rausgekommen ist und wie viele Frauen sich uns wie hypnotisiert an den Hals geschmissen haben....

Mittwoch, 3. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 3.02.10 - Schnupperkurs für Elstern

Ich bin müde und der Tag war eigentlich zu anstrengend um Zivi zu sein. Der Schnee draußen auf den Straßen lässt das Fahren durch die hiesige Berglandschaft zu einem zynischen Vergnügen verkommen. Wieso gibt man uns nicht gleich eine Mofa und schickt uns auf eine Weltreise?
Doch auch für mich kommt langsam die Zeit, als Zivi Abschied zu nehmen. Abschied und sonst alles, was man kriegen kann.

Denn DAS, ihr gelangweilten Seelen, ist die frühe Rache der Zivis unserer Dienststelle. Ich habe jetzt noch zwei Monate zu arbeiten und dann einen Monat Urlaub. Das bedeutet also ich habe nur zwei Monate Zeit mich mit Abschiedsgeschenken einzudecken.
Mit Abschiedsgeschenken für mich, wie ihr euch sicherlich denken könnt. In hoch meisterlicher Manier bedienen Low und ich uns aller Dinge, die wir bei der Dienststelle finden können und die wir selbstverständlich nicht brauchen. Ich schätze, es ist mittlerweile zu einer Art ungeschriebenem Gesetz innerhalb unseres sehr speziellen Zivijustizwesens geworden, dass man "nur unnütze Dinge sich selbst zum Ausgleich schaffen kann." Scheiße, das hätte Kant nicht besser formulieren können...
Das bedeutet, wir kassieren wie eine Familie kleptomanischer Elstern alles ein, was interessant aussieht. Dazu gehören zum Beispiel regelmäßig diverse Nahrungsmittel, aber auch Teller, Tassen, ein extrem cooler Kaffeebecher (!), Gläser, Eierbecher, Besteck mit den eingravierten Initialen unseres jeweiligen Stammhauses. In Planung ist noch ein Mixer und der Plasmafernseher aus dem Aufenthaltsraum. Keine Sorge, das klingt spektakulärer als es in Wirklichkeit ist. Der Fernseher ist nicht so groß. Ich schätze, 60-70 cm Bildschirmdiagonale.
Die Planung steht schon, allerdings werden wir wohl vorher unsere langen Finger in einem Möbelgeschäft ausstrecken müssen um an ein solches Plastikgestell in Fernseherform zu kommen, wie es immer zur Deko auf den Fernsehertischchen und Kommoden stehen. 
Sobald das erledigt ist, wäre wohl die Speisekammer der Großküche im Keller an der Reihe um uns ein Leben lang mit Junkfood und Konserven einzudecken, obwohl das natürlich schon fast einen Nutzen mit sich bringt. Einen verdammt ekelhaften Nutzen, denn das Zeug schmeckt ausgesprochen scheiße.
Ich werde noch einmal genau überlegen müssen und abwägen zwischen dem Junkfood und massenweise Windeln für alte Leute. Ich bin sicher Leute mit so einem Windelfetisch, welche es ja tatsächlich geben soll, würde dafür etwas springen lassen. Die Frage ist, was?
Wobei das ja schon wieder nützlich wäre, eine komplizierte Sache. Viel zu hoch für ein paar dähmliche (sic!) Zivis
Nutzlos wären die Windeln wohl nur, wenn wir sie tatsächlich behalten würden. Lows Standpunkt zu diesem Thema: "Ich würde voll gerne mal so eine Windel tragen. Das ist bestimmt voll chillig, wenn du nicht mal mehr aufs Klo gehen musst."


Samstag, 30. Januar 2010

Eine moderne, verantwortungsbewusste Nutzung des Internets für kompetente Researchzwecke

Kaum vorstellbar, was der Durchschnittsdeutsche so für Sachen bei Google eintippt um schließlich, gewollt oder ungewollt, auf diesem Blog zu landen. 
Dank technischer Spielereien, die mit böser Zunge als spionageähliche Überwachungsprogramme, mit meiner Zunge jedoch als Marktforschungsmethode zum Aufschluss über meine Leserschaft bezeichnet werde könnte, habe ich die Möglichkeit herauszufinden, wer, wann und über welchen Verlauf auf meinen Blog gestoßen ist. Außerdem kann ich mir ansehen, welche Begriffe ihr kleinen Perverslinge bei Google eingegeben habt, bevor ihr hier gelandet seid. 

Und wenn ich mir diese Begriffe mal so exemplarisch angucke weiß ich, ich habe anscheinend alles richtig gemacht:
- "Opa fickt Enkelin Geschichten"
- "Blähungen und Sex"
- "Porno Frauen auf der Straße ansprechen"
- "Wetter Morgen 8.01.10"

Und mein absoluter Liebling: "Vater wichst seinen geilen Großvater"

Tja, da guckt ihr blöd wie eine Katze mit künstlichem Darmausgang! Ich stelle nicht umsonst einen hoch literarischen Anspruch mit und an diesen Blog.

Nun an die kreativen Köpfe hinter diesen geistreichen Aphorismen etwas weiter oben:
Werter Leser, es tut unbeschreiblich Leid, dass ich dir die Enttäuschung zugemutet habe, in deinen wollüstigen Erwartungen vor den Kopf (beziehungsweise vor die Spitze deiner eisernen Latte) gestoßen zu werden und entgegen all deiner Hoffnung auf diesem Blog nicht das zu finden, was du stundenlang im Internet recherchiert hast. Ich werde mich in Zukunft ehrlich bemühen, deinen hohen Anprüchen gerechter zu werden. 

Samstag, 23. Januar 2010

Zivi-Tagebuch 23.01.10 - Zivi ist man nicht um Karriere zu machen

Ich für meinen Teil bin Zivi um gar nichts zu machen. Ich schlage mich ganz gut. Ich verstecke mich vor jeglicher Arbeit und bin dabei ziemlich resistent gegenüber den unnachgiebigen Versuchen der alten Leute, die mittlerweile auch schon versuchen mich zum Arbeiten zu bewegen. Zumindest gibt es da ein paar solcher Spezies. Furchtbar. "Tut mir Leid, Frau O. Ich habe heute leider keine Zeit mit ihnen Mensch-ärgere-dich-nicht zu spielen." Ich muss mir eine dunkle Ecke suchen und Nichts tun, das lässt sich einfach nicht verschieben. 
Kaum geschrieben hört der gute Staddicc schon Stimmen aus der letzten Reihe: "Was ist an Mensch-ärgere-dich-nicht denn bitte so schlimm? Sei froh, Staddicc. Das ist doch eine angenehme Art sein Geld zu verdienen." Also erstens: Mein Geld bekomme ich auch so. Ich bekomme sogar noch mehr, wenn ich gar nicht zur Arbeit gehe. An dieser Stelle Danke an die Bürokratie meiner Dienststelle.
Und zweitens: Ihr habt alle keine Ahnung, was für eine schindende Maloche es ist, immer und immer und immer wieder mit dieser gelangweilten Frau O. dieses verschissene Spiel zu spielen, das ich schon als Kind gehasst habe. Ich stelle euch einfach mal kurz einen typischen Dialog mit Frau O. dar, bevor und nachdem ich mich zum Spielen habe weichkochen lassen:
Frau O.: "Mensch, das ist hier vielleicht langweilig."
Staddicc
: "Sie können doch etwas Fernsehen gucken oder lesen, Frau O. Außerdem gibt es ja schon in eineinhalb Stunden Mittag!"
- "Ach, ich würde so gerne einmal in die Stadt gehen. Aber das darf ich nicht, oder!?"
- "Nein besser nicht. Hinterher finden sie nicht mehr zurück."
- "Ich finde doch hier hin zurück, ich bin doch kein Kind mehr" (Na ja, doch. Irgendwie schon, mittlerweile.)

Nun, ungefähr 10 Minuten später, in denen sie eine kleine Spur resistenter war als ich, hat sie mich überzeugt und wir spielen jenes Spiel direkt aus der Hölle:
Frau O.: "Ach am Sonntag kommt mich endlich mein Sohn besuchen, da freue ich mich schon."
Staddicc: "Das kann ich mir vorstellen, die drei Tage bis Sonntag werden auch sicherlich schnell rum gehen."
Da fragt ein alter Her vom Nebentisch, der sich schon beim Frühstück mit Frau O. unterhalten hat: "Wie lange sind sie schon hier?"
- "Och, ich weiß gar nicht so genau. So eine Woche." Ich wollte ihr nun nicht erklären müssen, dass sie erst seit einem Tag in der Pflege ist. Also habe ich es gelassen. Kein Wunder, dass ihr die Zeit so verdammt lang vorkommt.
Zurück zum Spiel: Nachdem Frau O. mittlerweile mehrmals betont hat, dass sie doch aus der Stadt zurückfinden würde, hat sie sichtlich Schwierigkeiten... Na ja, sagen wir mal zurück ins Spiel zu finden: "Ach Mensch, welche Farbe hatte ich denn jetzt? Diese hier, oder?"
- "Nein Frau O., das sind meine Figuren. Sie hatten die Gelben." ... "Und diese brauchen sie nicht mehr zu bewegen, Frau O. Diese Figuren sind schon im Ziel, sie müssen eine sechs Würfeln um mit den nächsten loslaufen zu können."
Und gerade weil Frau O. so ein wahnsinnig gutes Gedächtnis hat wiederholt sie sich nicht etwa. Nein, sie erwähnt die wichtigen Sachen einfach zweimal. Mindestens zweimal: "Und ich freue mich ja auch schon so, am Sonntag kommt mich endlich mein Sohn besuchen." Ich denke ihr könnt euch denken, wie das nun weitergehen würde, wenn sich der überaus tollerante Zivi nicht doch irgendwann verpisst um in einer ruhigen Ecke im Keller seinen unkontrollierten Wutausbrüchen zu fröhnen. Zur stilistischen Verdeutlichung der Langeweile dieser Situation und an alle Langsamdenker, also an alle Leser dieses Blogs inklusive seinem größten Fan, mir: Punkt, Punkt, Punkt.

Doch langsam, ganz langsam, fängt die ganze Geschichte an lästig zu werden. Es ist so langweilig, ich kann nachts nicht mehr schlafen. Wie denn auch, wenn ich an Arbeitstagen mehr Zeit im Bett verbringe als an einem ganzen Wochenende. Wenn ich bei der Arbeit in jeder freien Minute lesen würde, könnte ich die Bibel und die Tora vermutlich jeweils vorwärts und rückwärts aufsagen. Und da Gott das weiß ist er so gütig und schickt mir hin und wieder einen Engel namens Low in mein Stammhaus zur Aushilfe, wenn wir mal zu wenig Zivis sind (Ja ich weiß, das ist unlogisch. Zu wenig Zivis, wofür denn bitte zu wenig?!). Ok, weniger Gott schickt ihn mir, sondern mehr die Personaldienstleiterin, die die Dienstpläne macht. Aber wenn wir in einem evangelischen Altenheim arbeiten, wer ist dann ihr höchster Boss, na???Immer, wenn Low bei mir im Haus ist lassen wir zwei tierisch die Sau raus!! Wir machen allen möglichen Scheiß zusammen um uns die Zeit zu vertreiben. Richtig abgefahrene Sachen, das könnt ihr mir glauben! Wir schlafen in der Dienstwohnung, fahren im Fahrstuhl hoch und runter oder treiben Späße mit Frau L. Ja ja, wir sind Schlingel

Dabei haben wir heute die Zeit so sinnvoll genutzt, wie sie ein Zivi nur nutzen kann. Wir haben uns frühzeitig in die Mittagspause verdrückt, die damit auf zweieinhalb Stunden erhöht wurde und haben uns gemütlich eine Shisha angemacht. Und während wir so auf dem Bett lagen und rauchten, bewunderten wir unseren wundervollen Pfandschrank. Ein Kleiderschrank,  mittlerweile randvoll mit ungefähr 15 Kisten Pfand, und zwar keine Limo. Unser Machwerk im Geiste des Zivilifestyle. Ab jetzt sind wir Künstler, wird Zeit unser Kunstwerk offiziell zu machen, damit wir einen Künstlernamen auf unsere Persos bekommen. Aber dafür fehlen uns noch ein paar Kisten, schließlich haben wir noch einen zweiten Kleiderschrank im Zimmer stehen, der so leer einen viel zu verschreckenden Anblick bietet. Angestoßen wurde natürlich um diesen göttlichen, oder vielleicht eher blasphemischen Moment (wie gesagt: ein evangelisches Altenheim mit solchen Zivis... Wir sollten uns schämen, stattdessen empfinden wir eher sowas wie Stolz) komplett zu machen, mit frischem, alkoholhaltigem Heineken. Was für eine Mittagspause!
Am Nachmittag liehen wir uns für eine wichtige, dienstliche Spritztour in eigener Sache einen der Tagespflegebullis aus. Oder besser: Wir waren einkaufen mit dem Firmenwagen. Low hatte noch einen Gutschein von NakedDevil für eine Kiste Bier, die für´s nächste Wochenende gekauft gekauft werden wollte. Gesagt, getan. Also ab zum Getränkemarkt und die Kiste eingeladen. Später stellte sich heraus, dass NakedDevil am kommenden Wochenende leider keine Zeit hat um den Kasten gemeinsam mit uns zu trinken, obwohl wir es ihm versprochen haben. Aber wir sind Zivis, das heißt wir sind wesentlich sozialer als seinereins beim Bund. Also werden wir uns überwinden müssen und diesen Kasten für das übernächste Wochenende aufzuheben und für das kommende einen Neuen zu kaufen. Ob das was wird, wir trinken ja eigentlich gar nicht.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Spiel der Sinne - Gedanken eines desillusionierten Hedonisten

Augen können nur sehen
sSchönheit kann täuschen
Ohren können nur hören
Schwingungen bleiben verborgen
Gerüche verlocken
Doch sie verfliegen
Geschmack wird verfälscht
Er kann trüben
Gefühle verführen
solange sie da sind

Die Sinne sie sind
alles, was bleibt
Du musst genießen
solange du kannst

Den Augenblick loslassen
um ihn nicht zu verlieren.
Namen aussprechen
um sie zu behalten
Düfte einatmen
um sie zu erleben
Lippen schmecken
bevor sie erkalten
Und Gefühle lieben
denn sie verbinden

Sonntag, 10. Januar 2010

Countdown

Zehn
Du bist kein Kämpfer
Inmitten der Arena

Neun
Du siehst dich um
Verschwommene Eindrücke am Horizont

Acht
Du willst laufen
Aber bleibst wie angewurzelt stehen

Sieben
Von allen Seiten kommen sie
Du fragst dich, was geschieht

Sechs
Du willst dich wehren
Aber du tust nichts

Fünf
Du merkst, was geschieht
Ein Kadaver am Strick

Vier
Du erwachst in Ketten
Hör auf zu träumen!

Drei
In dieser Ecke deines Kerkers
Ist nichts mehr fremd

Zwei
Das Ende deines Weges
Der Tod all deiner Ziele

Eins
Du öffnest deine Augen
Und erfährst das Licht

Null
Der Film beginnt
Lohnt es sich hinzuschauen?

Freitag, 8. Januar 2010

Zivi-Tagebuch 8.01.210 - Kranke Gedanken eines Zivis, dessen gesundes Bewusstsein fern jeder Realität im Maisfeld verscharrt wurde

Es war eine kalte erste Woche im Jahr 2010. Der Schnee will sich einfach nicht verpissen und die Sonne kriegt es nicht auf die Reihe sich mal blicken zu lassen. Wenn man dann nicht mit vernünftigen Schuhen gesegnet, oder so frisch nach Weihnachten zumindet beschenkt ist,  bekommt man da schnell kalte Füße, nicht nur wegen dem Wetter. Ich bin nicht damit beschenkt worden und bekam kalte Füße. Am Ende jeden Tages spürte ich meine Zehen nicht mehr, ganz zu Schweigen vom Willen am nächsten Tag wiederzukommen.
Aber Zivis sind eben Füchse, verdammt einfallsreiche Füchse, zumindest Low und ich. Von Waldi kann man das nicht sagen. Der Arme hatte zwar in der Schule die Leistungskurse Mathe und Physik, aber vom wahren Leben hat er anscheinend nur in sehr seltenen, lichtblickvergönnten Momenten einen gewissen Plan. Schon gar nicht, was das zivildienstliche Engagement von inoffizieller Seite angeht. Aber nein, so schlimm ist es nicht. Mal ehrlich, wo wäre ich ohne ihn? Ohne ihn bekäme mein zivildienstgestählter Körper wesentlich weniger Schlaf, da er schließlich immer im Bereitschaftsraum sitzt, wenn ich mich anderen Dingen widme. Ich bin ihm so dankbar!
Worauf wollte ich hinaus? Jaaa.... auf die guten Neuigkeiten. Und die sind sehr gut. Low und ich haben es nämlich geschafft unseren Zivildienst von neun auf acht Monate zu verkürzen, ganz ohne neue Regierung und Gesetzesänderungen. Wir haben uns einfach Urlaub genommen. Wenn das mal nicht ausgefuchst ist... wir sind verdammte Genies! Ja, ruft es laut in die Welt hinaus!! "Low und Staddicc sind fantastische Genies, sie haben sich Urlaub genommen. Genial, auf sowas muss man erst einmal kommen!" 
In Anbetracht dessen, was in unserer Welt mittlerweile Gang und Gäbe geworden ist, ist dieser Gedanke gar nicht so abwegig. Aber Zivis werden niemals krank zur Arbeit gehen oder sich mit Antidepressiva und Antidementiva bis an ein Leistungslimit pushen, wie es in der Arbeitswelt leider keine Seltenheit mehr ist. Nicht nur, weil wir nicht entlassen werden können, wir sind auch zu faul. Ich frage mich, ob es überhaupt einen fleißigen, ehrgeizigen Zivildienstleistenden gibt!?
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, ich hätte mir um ernste Themen wie Entlassungen noch keine Gedanken gemacht. Es geht mir viel mehr darum, dass als Zivi mein Arsch nicht aus den Fängen von Vater Staats brutalen Händen gerissen werden kann. Ich würde mich wahrscheinlich so saumäßig benehmen, bis sie mich fristlos abschießen müssten, inklusive staatlicher Abfindung natürlich. Wer das Buch "39, 90" von Frédéric Beigbeder kennt, dem dürfte diese Prinzip bekannt sein. Und ihr könnt euch sicher sein: Zur Feier würde widerum ich mich abschießen, ebenfalls fristlos. Sogar verdammt fristlos. Das führt nach kurzem Grübeln zu einer Art zivildiktatorischem Teufelskreis, wenn man sich überlebt, dass das Abschießen als solches ebenfalls zur Kündigung führen könnte, was eben auch umgekehrt gilt. (Kann mir jemand folgen? Ja, da hinten in der letzten Reihe?! Ach nein, der Hausmeister hat sich nur gestreckt.)

Metaperspektive:

Um mal den unterdrückten schizophrenen Geist in mir sprechen zu lassen, oder sagen wir mal den anderen schizophrenen Geist:
Manchmal frage ich mich, was in dieser Dienststelle mit mir gemacht wird ohne mein Wissen. Wie sonst sollte ich auf solche seltsamen Gedankengänge kommen? Ich hatte zwar schon in der Schule allerhand Flausen im Kopf, die eigentlich bis in alle Ewigkeit fern jeden Tageslichts gehalten werden sollten... (Naja, was soll ich sagen? Zu spät.) Aber mit dem geistigen Dünnschiss, der gerade deinen Bildschirm runterläuft, hatte selbst das wenig zu tun. 
Ich könnte mir vorstellen, dass es sich um einen ausgeklügelten Plan handelt um Deutschlands Zivildienstleistende zu unterjochen, sie so länger an sich zu binden und zu einem längeren,  freiwilligen Engagement zu bewegen. Ich will nicht wissen, mit welchen manipulativen Suggestionen wir beeinflusst werden. Jetzt, wo sich jeder von uns bald nur noch sechs Monate lang "Zivi" schimpfen darf...