Freitag, 30. Juli 2010

Peoplespotting

Die Bahn ist ein Kosmos für sich, wie eigentlich alles hier. Hast du Langeweile? Fahr Bahn! Bist du einsam? Fahr Bahn! Fehlt dir der Geruch von abgestandenem Schnaps? Fahr Bahn!

Alles ist dicht aneinandergedrängt und trotzdem oder gerade deswegen brechen die Gedanken gerne mal aus. Jenseits der Hektik, der schlafenden Penner oder der glänzenden Felgen, erhebt sich dein Geist über diese Welt. Auf dem Weg zur Unendlichkeit, außerhalb der schmutzigen und verkratzten Scheibe eines Wagons.
Wo kommt wohl der Typ im Anzug her, mit seinem Reisekoffer in der Bahn, die vom Flughafen kommt? Auf welchem Bordstein hat wohl der humpelnde, alte Sack geschlafen und noch viel wichtiger: Wo wird er sich als nächstes hinlegen? Er wird wohl erstmal gar nicht mehr aufstehen. Wie die meisten ist er froh, endlich zu sitzen. Wie deprimierend: Die ganze Zeit auf den Beinen und letztendlich keinen Schritt weiter.
Auf diese hellblauen Sitzen haben schon so viele Menschen ihre Backen gepflanzt: Reiche, Arme, Dumme, Intelligente, Intellektuelle, Genies und solche, die den Sprung in den Wahnsinn gewagt haben. Ach ja: Und die Schwulen, die Neuhamburger in der Bahn belästigen. Ihr glaubt ja gar nicht, was einem Schönling wie mir hier alles so widerfährt. Jetzt kann ich nachvollziehen, was in einer Frau vorgeht, wenn sie von so einem ekelerregenden Arschloch auf langweiligste Art angebaggert wird - nämlich Wallungen in der Magengegend.