Donnerstag, 25. Februar 2010

Der Zauberlehrling

Frank sah sich im Zimmer um, es wirkte einsam. Vielleicht auch, oder gerade weil es so riesig war, mit dem großen Bett, der Tür zum begehbaren Kleiderschrank daneben und auf der anderen Seite dem Eingang zum Badezimmer. Er saß in dem Sessel vor dem großen Fernseher, auf dem Hocker neben ihm ein Glas halb voll mit Scotch. Er bemühte sich etwas zu hören, irgendwas. Doch da war nichts, tödliche Stille. Nur das Bild des Plasmafernsehers flimmerte vor seinen müden Augen, ohne Ton. 2300 Euro für 130 cm Bilddiagonale, inklusive eines DVD-Players, den Frank verschenkt und sich stattdessen einen anderen gekauft hatte, weil dieser keine Filme aufnehmen konnte. Im Bild räkelten sich nackte Menschen umeinander. Es war schon spät und mehr als Pornos hatte das Fernsehen um die Zeit nicht zu bieten. Der typische Höhepunkt eines typischen Tages. 
Frank war müde von der Show. Es waren wieder viele Menschen gekommen um zu sehen, wie er die physikalischen Grenzen aufhob und das Unmögliche möglich machte. Manche von ihnen waren aber auch einfach nur Kritiker, die ein Ventil brauchten um dem Ärger mit ihren betrügerischen Ehefrauen Luft zu machen. Sie versuchten es immer wieder, doch sie fanden nie etwas zu beanstanden. Franks Show war perfekt, sie war echt.

Als Frank am nächsten Tag aufwachte, schien die Sonne bereits durch die Rollläden. Er putzte sich die Zähne, schmiss eine Aspirin ein und spülte sie mit Bier runter. Er war jedoch nicht der Typ, der schon morgens trank. Vermutlich wäre er es gewesen, wäre er um die Zeit schon wach gewesen. 
Frank suchte seine Jacke. Am Abend hatte er Tom, einen alten Freund, zufällig bei seiner Show getroffen und nun waren sie zum Essen verabredet. Tom wusste nicht, dass Frank als Magier der Mittelpunkt der ganzen Show war. Wie auch, Frank trat unter einem Pseudonym auf. Tom war völlig von den Socken, als Frank in der Lobby zufällig an ihm vorbeiging. Sie hatten sich in der Schule kennen gelernt, damals hatten sie zusammen Französisch. Es war Tom schon damals ein Rätsel gewesen, wie Frank es in jeder Klausur schaffte zu spicken, ohne in all den Jahren einmal erwischt zu werden. Und Frank war gut. Er spickte so hervorragend, dass er nie lernte und trotzdem nur die besten Noten bekam. Aber Tom machte sich letztlich nie weiter Gedanken darum, da Frank anscheinend nicht gern seine Geheimnisse ausplauderte und so lange er ihn abschreiben ließ, war für Tom auch alles in Ordnung. 
„Deine Show war fantastisch! Besonders der Kleinen hat sie gefallen.“, begann Tom, nachdem sie sich einen Tisch gesucht hatten. Es war ein teures Lokal, Frank lud ihn ein.
„Damit meinst du die süße Zwanzigjährige, die in der Lobby neben dir stand?“
„Erstens ist das meine Tochter und zweitens, ist sie vierzehn.“ 
Frank wurde etwas rot: „Naja, sie sieht schon aus wie eine Große.“
„Ich weiß, das geht heutzutage viel zu schnell. Du musst sie unbedingt mal kennen lernen, sie ist ein wundervolles Mädchen.“
„Vielleicht zu ihrem achtzehnten Geburtstag.“ Frank versuchte zu grinsen, aber Tom sah ihn nur etwas verstört an, deswegen musste es ihm wohl misslungen sein. „Tut mir Leid.“, entschuldigte sich Frank. „Das Showgeschäft ist hart und so unecht, deswegen gewöhnt man sich einen Zynismus an, den man nicht mehr los wird.“ 
„Schon in Ordnung. Aber hey, dafür scheinst du ja wirklich eine Menge Kohle zu machen.“ 
Zwei sommerlich gekleidete junge Frauen setzten sich an den Nebentisch. Frank warf ihnen einen Blick zu. „Wie sieht´s mit der Mutter deiner Tochter aus, ist die über alle Berge oder einfach zu Hause geblieben, weil sie meiner Scharlatanerie nicht auf den Leim gehen wollte?“
„Weder noch. Gerade, als ich dir über den Weg gelaufen bin, war sie für kleine Mädchen. Schade, dass wir uns nach der Show nicht mehr gesehen haben, dann hättest du sie kennen gelernt. Aber das wirst du sicher noch.“
„Und jetzt sind deine beiden Frauen unterwegs, um mir meine männlichen Zuschauer für die nächste Show streitig zu machen?!“ Nun grinste auch Tom: „Ja, vermutlich.“
„Naja, über einen Zuwachs an weiblichen Zuschauern würde ich mich vermutlich nicht beklagen.“ Frank starrte aus dem Fenster. 
Einige Minuten und ein paar Drinks später beugte sich Tom ein Stück zu Frank herüber. „Mal ehrlich, Alter. Die ganzen anderen kannst du ja verarschen, aber wir kennen uns zu lange. Wie machst du das? Ich habe schon so einige Pseudozauberer gesehen und genug, die gerne welche wären, aber du stellst sie alle in den Schatten. Du lässt deine Tricks mit einer Ignoranz geschehen, als wären sie das Normalste auf der Welt. Als wäre gar kein Trick dahinter. Manchmal scheint es fast so, als wären diese Dinge für dich banal und verachtenswert. Was ist dein Geheimnis?“
Frank sah ihn etwas mitleidig an, dann winkte er ab. „Nichts weiter, als ein bisschen belanglose Zauberei.“ „Mit belangloser Zauberei gewinnt man aber nicht die Herzen tausender, begeisterter Zuschauer.“ „Ihr Herzen gewinne ich auch nicht, nur ihr Geld. Und das schaffe ich mit belangloser Zauberei“ Frank sah ihm tief in die Augen und sagte leise: „Aber nur, wenn es tatsächlich Zauberei ist. Für die einen belanglos, für die anderen unglaublich. Nicht mehr und nicht weniger als echte Magie.“ Tom schaute nun sehr verwirrt drein. Aber Frank blickte auf den Strohhalm in seinem Glas. Ohne, dass Frank etwas tat, zog sich plötzlich der Whisky-Cola im Glas im Strohhalm nach oben, bis der Strohhalm komplett gefüllt war. Dann schwebte er wie durch Geisterhand über Toms Glas, während Franks Augen ihm konzentriert folgten. Schließlich lief die Whisky-Cola Mischung hinunter in Toms Glas bis auch der Strohhalm hinunter fiel. „Scheiße tut mir Leid, jetzt habe ich dir ja deinen Vodka-Cranberry versaut. Ich bestelle dir einen neuen.“, sagte Frank, der beinah von Tom unterbrochen wurde: „Das war Wahnsinn!“ Er hatte mittlerweile riesige Augen bekommen und konnte nicht glauben, was er soeben gesehen hatte. 
Tom rang um Fassung. „Hey, wie... Alter, wow. Soll das bedeuten...? Aber das gibt es doch gar nicht. Da steckt doch ein Trick dahinter!“ Frank konnte sich ein schiefes, dennoch etwas gelangweiltes Grinsen nicht verkneifen: „Kumpel, ich verdiene 15 Millionen im Jahr mit solchen Kindereien. Und im Internet wirst du niemals Erklärungen für meine Kunststücke finden. Wenn es tatsächlich die Aliens geben sollte, die vermeintlicher Weise Uri Geller entführt haben, dann stamme ich definitiv von ihnen ab.“ Tom musste sich bemühen seine Kinnladen im Griff zu behalten, er war sprachlos. 
„Seit ich denken kann, geschahen immer wieder seltsame Dinge um mich herum, bis ich schließlich heraus fand, dass sie nicht einfach so geschahen. Nein, ich zog sie an. Diese Wunder entsprangen meinem Geist. Ich lernte die Dinge um mich herum zu kontrollieren und es wurde immer einfacher. Keine Ahnung, wieso das gerade bei mir so ist. Ich habe mit meinen Eltern nie darüber gesprochen, aber sie scheinen auch nichts davon zu wissen. Sonst hätten sie sich wohl spätestens mit mir zusammengesetzt und es mir erklärt, nachdem ich das erste Mal im Fernsehen aufgetreten bin.“ 
Jackie bekam sich langsam wieder unter Kontrolle: „Sag mal kannst du auch Gedanken lesen, oder andere Menschen manipulieren?“ 
„Nicht mehr als normale Menschen auch. Aber das ist auch nicht nötig, Frauen lassen sich so oder so schnell beeindrucken.“ 
„Ich wette, du hast haufenweise Groupies...“ Frank merkte, dass Tom diese Frage nun schon die ganze Zeit auf der Zunge lag.
„Ich würde die Frauen, die beim einkaufen zufällig sehen, wie eine Weintraube über meiner Hand schwebt, nicht unbedingt als Groupie bezeichnen.“ Frank zwang sich ein verschmitztes Lächeln ab. „Eigentlich ist das auf Dauer eher unbefriedigend. Es ist nicht anders als ginge ich zu einer Nutte. Nur, dass es hier noch einfacher und vor allem billiger ist.“
„Wie bitte!? Du führst das Leben, von dem so viele Männer träumen. Du bist praktisch ein verdammter Rockstar.“
„Ein verdammter Rockstar, ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Aber im Garten Eden gibt es nur Adam und Eva. Keine Nadine, Anna, Janine, Bettina oder Daniela. Der Träumer, der sich seiner Scham bewusst ist, bin ich. Es gehört nicht viel dazu, eine Frau ins Bett zu bekommen. Manche quatschen sie einfach voll, andere füllen sie ab und bei mir sind es ein paar dämliche Tricks, auf die sie herein fallen. An meinem Bett konnte ich bisher jedenfalls keine fest zaubern.“ 

Die Wochen vergingen. Frank telefonierte noch ein paar Mal mit Tom, aber den Einladungen endlich auch seine Frau und seine Tochter kennen zu lernen war er seltsamerweise nie gefolgt. Es hatte sich verlaufen und Frank war auch nicht gerade unglücklich darüber, jedoch ohne zu wissen wieso. 
Frank machte seine Shows und betrank sich recht häufig. Seit dem Abend mit Tom vermied er es jedoch Frauen abzuschleppen. Er verspürte einfach kein Bedürfnis danach, im Gegenteil. Es widerte ihn regelrecht an. 
Irgendwann, als er mal wieder seine Schnapsvorräte auffüllen wollte, ein paar Tiefkühlpizzen brauchte er auch, stolperte er dank eines lang anhaltenden Katers über den Einkaufswagen einer Frau. Sie sah ihn verächtlich an, bis sie schließlich laut loslachte. 
„Na, das war wohl etwas zu viel gestern Abend!?“
„Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, wir sollten eher von heute Morgen sprechen.“ Frank rappelte sich hoch. Erst jetzt fiel ihm auf, wie hübsch sie war. Wie sie ihn so anlachte, ging es ihm gleich besser. Und ihr Duft war so unbeschreiblich, Frank hätte auf der Stelle die Augen schließen und in Gedanken abheben können. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob sie wirklich so gut roch, oder ob es vielleicht daran lag, dass sie sich in der Kosmetikabteilung des Supermarktes befanden. Und dann war sie weg. Frank hatte gar nicht bemerkt, wie sie weiter gegangen war. Entweder war er doch noch übler neben der Spur als er dachte oder... Oder was? Frank wusste es nicht, es war einfach eine sehr wunderliche Situation. Er spürte nur, dass etwas anders war. Etwas hatte sich verändert. Er fühlte sich nicht mehr ganz so, als hätte er die Nacht in einem leeren Fass Schnaps verbracht. 
Als er schließlich seine Einkäufe beisammen hatte und an der Kasse stand, sah er sie wieder, diese Frau. Er konnte sie durch die verglasten Schiebetüren des Supermarktes erkennen. In der Mittagssonne wirkte ihr Anblick noch glücklicher. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Franks spürte wie sein Herz heftiger zu schlagen begann. Dieses Gefühl war ihm völlig neu, vor keiner seiner Shows war er so aufgeregt. Seine Zauberei hatte ihm immer eine Art Sicherheit gegeben, doch von der war er nun weit entfernt. 
Franks Kopf war vollkommen leer. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er stand da wie gelähmt und sah wie diese Frau ihre Sachen in den Kofferraum lud und drauf und dran war davon zu fahren. Plötzlich kam er zu sich, als hätte ihn eine Unsichtbare Macht wach gerüttelt. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss kurz raus. Ich komme sofort wieder und bezahle das.“

Montag, 22. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 22.02.10 - Nix los

"Was treibt mein Lieblingsblogger in letzter Zeit eigentlich?" Für alle, die sich diese Frage schon gestellt haben und auch für die, die es einen Scheiß interessiert, gibt´s hier die spektakuläre Antwort:




Keine Antwort ist meistens zwar auch eine Antwort, aber in diesem Fall wirklich nicht. Ich frage mich selbst schon, was so im Arbeitsleben abgeht. In letzter Zeit bin ich leider nicht sehr oft zum Arbeiten gekommen, da ich erstens: die ganze Zeit krank bin und eine krasse Erkältung auskuriere und zweitens: zwischendurch in Hamburg auf einem Seminar für effektiveres Lesen war, für Zivis natürlich staatlich gefördert und subventioniert.
Anscheinend tat die Nordluft den kleinen Pennern von Bakterien in meinem Körper ganz gut, denn in Deutschlands zweitgrößter Stadt ist meine Erkältung nicht gerade besser geworden.
Ich wüsste gern, was meine Dienststelle von so einer Arbeitsmoral hält. Vielleicht wirft es nicht das beste Licht auf mich, wenn ich erst tagelang krank bin, dann meine Krankschreibung endet und ich einen Tag arbeite, anschließend nach Hamburg fahre um ab dem nächsten Arbeitstag wieder krank zu feiern. Obwohl das mit feiern nichts zu tun hat, ehrlich nicht. Ob ihr es mir glaubt oder nicht, wir haben außer dem Seminar in Hamburg nichts gemacht. Wir sind nicht losgezogen, haben keine Koks von den Ärschen irgendwelcher Nutten gezogen. Wir sind auch nicht ins Gefängnis gegangen und haben uns dementsprechend nicht direkt dorthin begeben, ihr kennt die Geschichte...
Wilde Nächte hatten höchstens die Jungs, die noch mit dabei waren, Low und zwei weitere Freunde, die auch Zivis sind. Ihren eigenen Angaben zufolge, konnten sie nachts kaum ein Auge zumachen, weil ich dank Erkältung lauter war als ein Soundtrack von Slipknot. Ich meine mich sogar an einen halbwachen Augenblick zu erinnern, als Low mir das Kopfteil meines Schlafsacks übers Gesicht geschmissen habe, damit ich endlich Ruhe geben. Das war dann wohl nachdem er gespannt neben mir lang und sich mit aller Gewalt zwei Kissen gegen die Ohren drückte. 

Ich seh es einfach so: Da ich jetzt sogar noch ein Antibiotikum verschrieben bekommen habe, kann ich nach meiner Erkältung gestärkt wie der Phönix aus der Asche wieder an die Arbeit gehen und mich meinen letzten Monat als arbeitender Zivi widmen. Ich kann allerdings nicht dafür garantieren, dass sich diese Einstellung mit meinen praktischen Ambitionen decken wird.

Gute Besserung, Staddicc!

Donnerstag, 11. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 1.02.10 - Es gab eine Zeit

Viel zu lang scheint es her, dass ein Zivi noch tun und lassen konnte, was er wollte und dabei nicht einmal darauf achten musste, ob er dabei gesehen wurde oder nicht. Das sieht mittlerweile anders aus. 
Dank einer sexuell unbefriedigten Küchenhilfe, die schon eine ganze Weile meint uns das Leben schwer machen zu müssen, hat sich für uns alles von einem Tag auf den anderen geändert! Mein ganzes Weltbild ist zusammengebrochen, als sie sich bei unserer Chefin beschwert hat, dass wir uns ja immer ohne etwas zu sagen in die Pause verdrücken würden und wir ohnehin  immer viel zu lang weg seien. Man merkt sofort, dass dieses Gulasch aus Selbsthass und Minderwertigkeitskomplexen erhebliche Probleme hat, man könnte denken sie hatte als Kind mal einen Unfall mit einem Tacker und sich dabei die Mundwinkel an die Nippel festgeheftet. 

Und deswegen sollen wir  uns ab jetzt immer abmelden, bevor wir in die Pause gehen und müssen nach unserer halben Stunde Mittagspause wieder oben im Aufenthaltsraum rumsitzen. So lange, bis die Chefin zufällig vorbeikommt:
-"Na Sie sitzen hier schon wieder nur und lesen ihr Buch. Sie könnten ja mal mit den Leuten hier zum Beispiel Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielen."
"Sie können mir glauben, ich täte nichts lieber als das, aber es ist leider so, dass diese Leute hier schon sehr demente Härtefälle sind und es deswegen sinnlos wäre zu versuchen mit ihnen ein so wahnsinnig kompliziertes Spiel zu spielen." 
Als wir da so saßen und unser Krisengespräch, samt Borderline-Küchenhilfe, führten hätte ich am liebsten mit breit geschwollenen Eiern erklärt, wie sehr ich die vergangenen Monate genossen habe, als ich an manchen Tagen bis zu 5 Stunden Pause am Tag gemacht habe, anstatt 45 Minuten. Aber da ich mir den ganzen Mist zur Strafe nicht noch einmal neun Monate lang antun möchte, habe ich mir diese Erklärung verkniffen. Ich hoffe, einfach das die Verantwortlichen meinen Block lesen. 

Darum bin ich im Moment schwer damit beschäftigt, meinen persönlichen Rachefeldzug gegen unsere Küchenhilfe, die mit ihrer Freundlichkeit Königin der Servicewüste sein könnte, zu organisieren. Für sadistische, diabolische und diskriminierende Vorschläge bin ich offen. 
Diese Menschen besitzen die unglaubliche Unverfrorenheit zu erwarten, dass wir Zivis uns aus eigenem Antrieb heraus Aufgaben suchen. Es wird Zeit, dass ich ein Bruch schreibe, eine Art Grundgesetz für Zivis. Allerdings nicht nur für Zivis, sondern durchaus auch für unsere Vorgesetzten. Dann verständen sie vielleicht eher, dass bei einem Zivi so gut wie nichts aus eigenem Antrieb passiert. Wir Zivis sind fremdgesteuert durch den Fuss von Vater Staat, der tief in unseren Ärschen verschwunden ist. 
Ich werde auf meine letzten Tage garantiert keine arbeitswütige Haltung mehr an den Tag legen. Ich vermute, es wird eher auf gar keine Haltung hinauslaufen und somit schlicht auf resigniertes Nichtstun. Es wird Zeit, dass die Welt wieder lernt, was für eine starke Säule wir Zivis in unserem Land bilden. Ohne ohne uns gäbe es kaum noch ein funktionierendes Gesundheitssystem! Und deswegen behalte ich mir auch vor so wenig wie möglich zu tun, da es so oder so noch genug sein wird. 
Ich will nicht in großes märtyrerisches Geschwafel verfallen, aber sein wir realistisch und versuchen das Unmögliche! Es wird Zeit für eine Revolution! Einen landesweiten Streik aller Zivis! Oder zumindest für eine lange Mittagspause und zynische Bemerkungen gegenüber desolaten Küchenhilfen.

Montag, 8. Februar 2010

Suit up, Bro! Vol. II

Letzten Freitag sind also NakedDevil, ich und, wie sich herausstellen sollte, auch Low im Anzug in die Disko zum Auftritt der Atzen gegangen. Keine Frage, es war megageil. Nur, wer einmal mit der unglaublichen Würde und dem euphorischem Lebenstolz in die Rüstung eines Bro´s gekleidet durch die Welt gelaufen ist, kann das Lebensgefühl eines Bro´s nachvollziehen. Ein Anzug hat einfach Stil und ist Ausdruck purer Freude und Glückseligkeit. Das ist zum Beispiel auch der Grund, weswegen ein Bro auf Beerdigungen niemals einen Anzug tragen würde, auf Beerdigungen wird getrauert. Ein Anzug verleiht selbst dem hässlichstem Mann eine übernatürliche Anziehung.  Ohnehin schöne Menschen, avancieren zu einem göttlichen Kunstwerk, welches in einer Kirche oder Kathedrale hängen sollte, als wäre es von Leonardo persönlich geschaffen worden. Ich wäre zum Beispiel so jemand.

So marschierten wir also hoch erhobenen Hauptes durch den Eingang der Disko. Jedoch war Lows Haupt trotz aller Anstrengungen noch ein Ideechen höher als mein´s. Liegt vielleicht daran, dass er dreißig Zentimeter mehr misst als ich.
Da wir die Karten schon im Vorverkauf erworben hatten, konnten wir an der langen Menschenschlange vorbei, direkt zur Kasse gehen. Ihr könnt euch vorstellten, dass dieser bombastische Auftritt unsere glorreiche Wirkung noch um ein Vielfaches verstärkte. Als ich sah, wie kreidebleich die ganzen Hoppernasen in ihren Hoodies geworden sind, während ihre Gangstabräute uns hinterherschmachteten und einige von ihnen schon eine geheimnissvolle Flüssigkeit absonderten, wäre ich aus Schadenfreude beinah purpurrot angelaufen. Zum Glück konnte ich mich gerade noch kontrollieren, ein roter Taint hätte einfach nicht zu meinem Anzug gepasst. 
Als dandyeske Atzenfans genossen wir den Rausch der Aufmerksamkeit, der über uns hereinbrach. Genau, wie wir es erwartet hatten. In regelmäßigen Abständen schwangen sich mir irgendwelche Frauen an den Hals. Wie ich vermute, allesamt Fahrerinnen und somit nüchtern. Wir waren heißer als die halbnackten Hintergrundtänzerinnen in einem HipHop-Video und unser Auftritt war um einiges pornöser. Wir standen im ersten Tanzraum, in dem auch Frauenarzt und Manny Marc auftreten sollten und rauchten in Zeitlupe unsere Zigarren. So lange, bis sich zwei hässliche Zicken hinter uns über den Rauch beschwerten. Ich fühlte mich herausgefordert sie noch etwas mehr zu ärgern:
"Hey, ihr zwei seht so unglücklich aus als hätten eure Katzen Durchfall. Da ihr heute wohl die einzigen sein werdet, die so aussehen würde ich gerne ein Foto von euch machen!?"
"Du kannst ein Foto von uns machen, wenn ihr die Zigarren ausmacht..." Während sie das sagte knipste ich schon. Jedoch konnten sie dank eines bei Frauen angeborenen Reflexes anstatt ihrer Gesichter noch schnell ihre Hühnerhälse in die Kamera recken. Egal, ich zwinkerte ihnen noch zu und rauchte dann weiter. Ungefähr drei Minuten später quatsche mich die eine von ihnen wieder an: 
"Hey, wir hatten einen Deal. Ihr wolltet eure Zigarren ausmachen."
"Ich hab aber kein Foto von euren traurigen Gesichtern bekommen, sondern nur von euren Ausdruckslosen Hälsen." 
"Dann macht erst eure Zigarren aus!"
"Nein, dann wird aus unserem Deal wohl nichts."
Eigentlich schade, dass wir es nicht getan haben. Ich hätte die Bilder glatt an einen Ernie-Heisterkamp-Fanshop verkaufen können. Oder als Motivationsbilder für Emos....

Schließlich kamen auch die Atzen und ließen die Wände wackeln. Allerdings verlagerte sich die Aufmerksamkeit der Masse irgendwann stark von uns auf Frauenarzt und seinen Kollegen. Unvorstellbar, sie trugen keine Anzüge! Zusätzlich wurde es wahnsinnig heiß in der Bude. Und auch, wenn ich verschwitzt immer noch aussehe wie aus dem Ei gepellt, kann sowas den Flair einer Bro-Rüstung durchaus in Mitleidenschaft ziehen und so beschlossen wir nach einem Abend, an dem wir eigentlich alles hatten, der Party den Todesstoß zu geben und uns zu verpissen.
Ich habe ein einige gute Bilder von der verkommenen Kauleiste von Frauenarzt geschossen, laszive Blicke von Männern und Frauen haben uns angefunkelt und... bevor ich es vergesse: Ich hab noch etwas von diesem Abend mitnehmen können. Nämlich eine original Kany West Brille in weiß, gegen die ich meine rosa Atzenbrille bei einer Türkenbraut, die ebenfalls irgendwie pink war, eingetauscht habe.
Leider hatte ich vorher den ganzen vorherigen Abend mein geplantes Tauschkonzept komplett vergessen. Was soll´s, ich musste mich in meinem Glanz suhlen.

Freitag, 5. Februar 2010

Suit up, Bro!

Ganz recht, ihr habt richtig gelesen. Heute steht ein legendärer Abend an! 
Nicht nur, dass wir in genau die Disko gehen, in der auch die Atzen (Manny Mark & Frauenarzt) auf treten werden, sondern NakedDevil sind heute als Bros unterwegs. Das sind wir eigentlich immer, aber heute original im Anzug. 
Für alle, die nicht wissen, was es bedeutet ein Bro zu sein und für alle Frauen: Kein geringerer als BARNEY STINSON, die coolste Figur aus "How I met your mother" hat das Bro-Tum beschlossen. Aber nur dank meiner Hilfe, dann ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen, als er mich damals gebeten hat sein Mentor zu sein und ihm zu zeigen wie man ein geiles Leben lebt. Seidem trägt er seine Botschaft hinaus in die Welt. Ich bin stolz auf dich, junger  Skywalker!
NakedDevil und ich werden wie es sich für einen Bro gehört natürlich im Anzug in die Disko gehen, das alleine sollte schon die Blicke auf uns lenken. Aber da zumindest ich die Atzen natürlich nicht vollkommen enttäuschen will habe ich mir zusammen mit Low absolut pornöse Atzenbrillen bestellt. Pornös ist meine vor allem, weil sie nicht lila ist, wie es in der Beschreibung stand, sondern eher ein schwules roas. Egal, heute ist Metrosexualität angesagt. 
Dazu habe ich mir auch schon den perfekten Schlachtplan überlegt, wie ich mit dieser peinlichen Brille reingehe und hoffentlich mit etwas weitaus wertvollerem wieder rausgehe:

Das Prinzip ist nicht neu, ich habe es von einer sinnfreien Reportage von RTL Exklusiv geklaut für... sagen wir einmal zeitlose Leute. Ich werde einfach tauschen, so wie es auch schon unsere Vorfahren mit Fellen und Erdbeeren getan haben, bevor das erste Geld gedruckt wurde. 
Der Plan ist mit der Brille bei Leuten zu starten, die total scharf auf so eine geile Sonnenbrille sind. Das werden wohl vorzugsweise irgendwelche Frauen sein, die betrunken sind und ihre Kamera gegen meine Brille tauschen. Oder so ähnlich. Das Prinzip ist jedenfalls, den gerade ertauschten gegenstand wieder gegen etwas zu tauschen, was ein bisschen wertvoller ist. Das sollte nicht allzu schwer werden bei den vielen Betrunkenen Leuten, aber warten wir es ab. Ich werde euch auf dem Laufenden halten, was letztlich dabei rausgekommen ist und wie viele Frauen sich uns wie hypnotisiert an den Hals geschmissen haben....

Mittwoch, 3. Februar 2010

Zivi-Tagebuch 3.02.10 - Schnupperkurs für Elstern

Ich bin müde und der Tag war eigentlich zu anstrengend um Zivi zu sein. Der Schnee draußen auf den Straßen lässt das Fahren durch die hiesige Berglandschaft zu einem zynischen Vergnügen verkommen. Wieso gibt man uns nicht gleich eine Mofa und schickt uns auf eine Weltreise?
Doch auch für mich kommt langsam die Zeit, als Zivi Abschied zu nehmen. Abschied und sonst alles, was man kriegen kann.

Denn DAS, ihr gelangweilten Seelen, ist die frühe Rache der Zivis unserer Dienststelle. Ich habe jetzt noch zwei Monate zu arbeiten und dann einen Monat Urlaub. Das bedeutet also ich habe nur zwei Monate Zeit mich mit Abschiedsgeschenken einzudecken.
Mit Abschiedsgeschenken für mich, wie ihr euch sicherlich denken könnt. In hoch meisterlicher Manier bedienen Low und ich uns aller Dinge, die wir bei der Dienststelle finden können und die wir selbstverständlich nicht brauchen. Ich schätze, es ist mittlerweile zu einer Art ungeschriebenem Gesetz innerhalb unseres sehr speziellen Zivijustizwesens geworden, dass man "nur unnütze Dinge sich selbst zum Ausgleich schaffen kann." Scheiße, das hätte Kant nicht besser formulieren können...
Das bedeutet, wir kassieren wie eine Familie kleptomanischer Elstern alles ein, was interessant aussieht. Dazu gehören zum Beispiel regelmäßig diverse Nahrungsmittel, aber auch Teller, Tassen, ein extrem cooler Kaffeebecher (!), Gläser, Eierbecher, Besteck mit den eingravierten Initialen unseres jeweiligen Stammhauses. In Planung ist noch ein Mixer und der Plasmafernseher aus dem Aufenthaltsraum. Keine Sorge, das klingt spektakulärer als es in Wirklichkeit ist. Der Fernseher ist nicht so groß. Ich schätze, 60-70 cm Bildschirmdiagonale.
Die Planung steht schon, allerdings werden wir wohl vorher unsere langen Finger in einem Möbelgeschäft ausstrecken müssen um an ein solches Plastikgestell in Fernseherform zu kommen, wie es immer zur Deko auf den Fernsehertischchen und Kommoden stehen. 
Sobald das erledigt ist, wäre wohl die Speisekammer der Großküche im Keller an der Reihe um uns ein Leben lang mit Junkfood und Konserven einzudecken, obwohl das natürlich schon fast einen Nutzen mit sich bringt. Einen verdammt ekelhaften Nutzen, denn das Zeug schmeckt ausgesprochen scheiße.
Ich werde noch einmal genau überlegen müssen und abwägen zwischen dem Junkfood und massenweise Windeln für alte Leute. Ich bin sicher Leute mit so einem Windelfetisch, welche es ja tatsächlich geben soll, würde dafür etwas springen lassen. Die Frage ist, was?
Wobei das ja schon wieder nützlich wäre, eine komplizierte Sache. Viel zu hoch für ein paar dähmliche (sic!) Zivis
Nutzlos wären die Windeln wohl nur, wenn wir sie tatsächlich behalten würden. Lows Standpunkt zu diesem Thema: "Ich würde voll gerne mal so eine Windel tragen. Das ist bestimmt voll chillig, wenn du nicht mal mehr aufs Klo gehen musst."