Montag, 14. Dezember 2009

Ein fetter Kerl namens Bob

Darf ich vorstellen? Bob. 
Bob ist das Musterbeispiel eines Verlierers. Ein totaler Stubenhocker, seine Bewegungen beschränken sich auf das Klicken der Maustaste und das Trainieren seines Wichsmuskels. Er rührt nicht einmal die Tastatur zu seinem PC öfter an als nötig, deswegen ist sie wohl auch so verstaubt. 
Wenn Bob nicht gerade einen Porno herunter lädt oder eine volle Tüte Chips in eine leere verwandelt, schläft er. Manchmal schaut er auch Star Wars. 

Früher hatte Bob ein kleines Meerschweinchen. Damals war er noch ein kleiner Junge ohne Gewichtsprobleme, obwohl er selbst es heute nicht als Problem betrachtet. Bob kümmerte sich rührend um seinen kleinen Freund. Er säuberte den Käfig, saß im Sommer stundenlang draußen mit dem kleinen Ding, und er gab ihm zu Fressen. Theo hatte er es genannt. 
Eines schönen Sommertages saß Bob wieder einmal draußen und spielte mit Theo. Er hatte Theo ein paar Tricks beigebracht, so konnte sein pelziger Gefährte eine kleine runde Tonne aus Holz vor sich herrollen, um anschließend seine Belohnung zu bekommen. 
Irgendwann am Nachmittag lief die Tochter des Nachbarn die Straße herunter. Bob sah ihr hinterher, wenn das auch nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie war etwas älter als er. Es war ein heißer Tag und sie schwitzte ein wenig, trotz ihres kurzen Rocks. Offenen Mundes starrte er ihr sie mit großen Augen an.
Als sie außer Sichtweite war sah Bob trotzdem nicht weg, irgendwann erinnerte er sich dann aber doch an Theo. Wo war Theo? Gute Frage. Bob ging mit vorsichtigen Schritten durch den Garten und hielt die Augen offen. Als Bob der Gedanke kam, dass Theo vielleicht weg war überkam ihn ein seltsames Gefühl. Es war dieses Gefühl, das er von nun an noch so oft haben sollte. Es fühlte sich an wie ein Kloß im Hals, obwohl es sich mehr als Leere im Magen bemerkbar machte.
Bob fing an zu weinen und rannte ins Haus. Er war so geschockt, dass er etwas essen musste. So griff Bob in den Schrank, eine Tüte Chips kam zum Vorschein. In seiner Panik zerrte er an der Tüte, doch er bekam sie nicht auf. Er zerrte weiter und riss sie schließlich in Fetzen. Auf dem Tisch, auf den Stühlen, auf dem Herd, auf der Bank, in der Spüle. Überall waren nun die Chips verteilt. Bob fing noch mehr an zu weinen. Als er sich etwas beruhigt hatte blickte er sich um, dann setzte sich Bo auf die Eckbank. Die Chips, der dort lagen zerbröselten unter seinem Hintern. Zumindest waren sie knusprig, dachte er. Er griff neben sich und steckte sich eine Hand voll Chips in den Mund. So saß er da eine Weile, bis er beschloss draußen noch einmal nach Theo zu suchen. 
Bob kam gerade in den Garten, als er sah wie ein großer Raubvogel im Sturzflug auf einen Busch zusteuerte. Hinter dem Busch riss der Vogel um und schwang sich wieder in die Lüfte. Er hatte sich etwas gegriffen und trug es nun in seinen Klauen davon. Was war das? Bob kniff die Augen zusammen und sah angestrengt hinterher. Es sah beinah genau so aus wie ein Meerschweinchen. Oh mein Gott, war das etwa Theo, der da gerade einen Rundflug in der ersten Reihe mitmachte um anschließend das Abendessen für die Küken zu stellen? Bob fing wieder an zu weinen. Schreiend rannte er erneut in die Küche.

Seitdem sind viele Jahre vergangen. Bob hat Theo vergessen und mittlerweile ist er vermutlich eine Million Mal in die Küche gerannt um nach einer Tüte Chips im Schrank zu greifen. Um ehrlich zu sein, ist er die letzten hunderttausend Mal nicht mehr gerannt, aber dafür hat er schnell gelernt eine Chipstüte zu öffnen ohne den Fußboden mit ihrem Inhalt auszulegen. 
Für Bob ist es mittlerweile Normalität geworden Pornos zu gucken, er tut es bloß noch aus Gewohnheit. Er würde alles darum geben, wenn “ihn” einmal eine Frau anfassen würde. Aber das sind nur Wunschgedanken in Bobs Kopf und so sucht er weiterhin die schnelle Befriedigung in Pornos um diese zermürbende Sehnsucht loszuwerden. Zumal Wichsen und Essen doch angenehm harmlose Beschäftigungen sind. 

Eines Tages, nachdem Bob wieder einmal einen Porno gesehen hatte, aber dann zum masturbieren zu faul war, ging er raus. Es war einer dieser natürlich ungestellten Pornos, in denen die Typen fremde Frauen auf der Straße ansprechen um sie anschließend schon im Minivan auf der Fahrt nach Hause durchzunehmen. Bob hatte keine Ahnung was er da tat, und schon gar keine Ahnung warum er es tat, aber er wollte es tun. Wahrscheinlich zwang ihn die Einsamkeit, gelangweilt von den unechten Titten und den falschen Orgasmen in den Pornos, nach draußen. Er war die meistens Zeit kein solcher Trottel, wie es oft den Anschein erweckte. Er ging nicht davon aus, dass eine Frau mit ihm nach Hause fahren würde, aber vielleicht würde die ein oder andere etwas Nettes zu ihm sagen.
Bob lief stundenlang durch die Stadt. Da war zum Beispiel eine Frau. Und weg war sie wieder. Und da ist die Nächste. Und schon ist sie wieder verschwunden. Jetzt aber die, zwar hässlich aber… ok, mittlerweile auch weg. Was war so schwer daran? Bob, du musst nur hingehen und etwas sagen! 
Immer, wenn eine Frau an Bob vorbeiging, schossen ihm plötzlich tausend Gedanken durch den Kopf. Dummerweise beinhaltete kein einziger dieser Gedanken etwas, das er zu ihr hätte sagen können. Zumindest nichts Sinnvolles. “Hi, ich bin Bob. Guck mal, ich kann hinter den Ohren schwitzen.” Nein, das war wohl nicht das richtige. Bob war traurig und frustriert. Er wollte doch einfach nur mal jemanden kennen lernen. Eine Frau, zum Reden und sei es nur für 5 Minuten auf der Straße gewesen.
Und so machte sich Bob auf den Weg nach Hause. Doch schon nach ein paar Schritten blieb er stehen. Er war sauer! Auf sich selbst. Er wusste er tat sonst nie etwas, deswegen wollte er nicht gehen und sich wieder einfach so vor seinen Computer setzen, nach einem Abstecher in die Küche. Er drehte sich um und schluckte. Dann ging er schnellen Schrittes auf die nächst beste Frau zu. Er stellte sich vor sie, woraufhin sie stehen blieb. Gezwungenermaßen, denn sie kam an ihm nicht so ohne weiteres vorbei. 
Bob sah ihr direkt in die Augen, mit fester Stimme sagte er: “Hi, ich bin Bob! Wie geh…” An dieser Stelle wurde er von ihrem lauten Lachen unterbrochen. Sie stolperte davon, während sie sich ihren Bauch hielt und unterdessen weiter kicherte. Bob stand da. Einige Leute sahen ihn an und gingen dann weiter. 
Immerhin hatte sie ihn angesehen, tief in seine Augen. Sie hatte so ein wundervolles, strahlend schönes Lachen. Bob grinste breit und ging so noch eine Weile durch die Stadt. Die eine oder andere Frau sah ihn sogar an. Er wusste nicht, woran es lag und es war ihm auch egal. Er fühlte sich gut, es war ein schönes Gefühl. Besser als jeder technisch generierte Orgasmus, den er vor seinem Computer in seinem Zimmer über der Küche jemals hatte.

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