Dienstag, 15. September 2009

Zivi-Tagebuch 15.09.09 - Ich höre Stimmen

...und sie sagen Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich versuche sie zu einem "Nein" zu überreden, aber sie hören mir nicht zu.

Ich lebe in einer Welt, die sich nicht selbst definiert.

In einer solchen Welt leben Menschen, die sich nicht mehr definieren lassen.

Per Definition leben diese Menschen garnicht.

Jeder Schritt, den ich mache. Jeder Satz, der aus meinem Mund kommt. Nichts verfolgt mehr einen Zweck. Jeder verdammte Mensch in meiner Umgebung wandelt von Tisch zu Tisch. Die Servierte. Die Gabel. Das Glas. Nichts ist sicher.
Ja. Ja.

Es kommt mir vor, als wenn die beschissene Armee der Twelve Monkeys um mich herumhüpft. 
Ich gehe durch den Gang und bevor ich sein Ende erreiche, bleibe ich stehen. Da ist sie wieder. Die Armee. Die Untoten. Umherwandelnd, angetrieben von Nichts. Auch wenn das dem Grundsatz der Physik widerspricht. Energie kann nicht aus nichts entstehen.
Eine Frau steht apathisch vor einer Glastür. Redet mit sich selbst. "Hallo!" "Jetzt komm doch ma her, Mensch..." Ihr sich in der Scheibe spiegelndes Selbst zeigt außer Winken keine Reaktion. Eine andere Frau, mit dünnen, unglaublich verwehten Haaren watschelt von Tischchen zu Tischen und kommentiert in einem mir unbekannten Dialekt jegliche Handlungen der übrigen Personen. Der Bela Rethy der Irren unter den Alten. Manchmal lacht sie oder wirft mit einem Schaumstoffball die Gläser um.
Ich sehe im Aufenthaltsraum umher. Ein Kumpel von mir versucht im Wahn noch seine Aufgaben zu erfüllen. Er hält eine Holzente vor die Augen einer Frau als reiche er ihr etwas zu Essen an. Sie öffnet ihren Mund in automatisierter Manier. Es muss eine eingebrannte Handlungsweise sein. Physisch verwachsen. Tiefergehend. Vor dem Verfall des Gehirns bewahrt. Vermutlich würde dieser Reflex noch anspringen, wenn sie in ihrem Sarg läge und man ihr leicht übers Gesicht haucht, so dass sie nur einen leichten Luftzug vernimmt. Er setzt die Holzente ab, der Mund schließt sich. Dann erhebt er die Holzente wieder, der Reflex schlägt erneut an. Das geht so lange so, bis tatsächlich ein Hauch von Bewusstsein in der Frau aufkeimt. "Ja was denn jetzt?" Zugegeben, ein starkes Bewusstsein kann diese zeitweise Anwesenheit nicht sein.

Da ist diese weitere Frau. Sie brabbelt. Mal geistesgegenwärtig, mal abwesend. Aber immer leise und unverständlich. Stellt euch ein völlig übermüdetes, besoffenes Kleinkind vor. Sie kann praktisch nicht mehr laufen. Deswegen ist sie immer festgeschnallt. Jedoch versteht sie das nicht, oder merkt es nicht. Oder sie traut sich zu sich selbst aus dieser Zwangsmaßnahme zu befreien. Und so rückt sie quer durchs Zimmer. Immer halb im stehen. Mit aller Kraft versucht sie sich aus dem Stuhl zu hieven und schiebt sich dabei selbst nur hin und her.

...Wenn diese "Menschen" nicht gerade versuchen anderen Menschen die Servierten zu klauen oder aus ihren Gläsern zu trinken.

(Ladies and Gentlemen, herzlich willkommen zum Philosophiekongress 2009! Wir beginnen mit dem Thema: "Was macht einen Menschen aus?" Durchgeknallte Alte bleiben bitte still schweigende, unbeteiligte Zuhörer) 

"I´m the bad guy who makes fun of people that die."

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